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Zeugen erkennen Todesfahrer

Tödlicher Unfall mit Porsche Boxster: Angeklagter verweigert die Aussage

Von Uwe Koch und
Hendrik Uffmann (Foto)
Bielefeld (WB). Der Prozess um die Amokfahrt eines Porsche Boxster geriet vor dem Amtsgericht Bielefeld von Beginn an zu einem taktischen Techtelmechtel. Der der fahrlässigen Tötung angeklagte Heiko F. aus Minden verweigert die Aussage. Seine Rechtsanwälte versuchten am Mittwoch, Zweifel an der Identität ihres Mandanten als Todesfahrer zu säen.

Der damals 19-jährige Oktay H. wollte mit zwei Begleiterinnen auf dem Heimweg von der »NachtArena« die Jöllenbecker Straße in Richtung der Fußgängerzone überqueren, als das Unfassbare geschah: Ein Porsche Boxter erfasste den jungen Türken, schleuderte den Körper zwölf Meter durch die Luft. Der Porsche fuhr weiter in Richtung Jahnplatz. Oktay H. wurde schwerstverletzt ins Krankenhaus gebracht und noch neun Wochen behandelt. H. starb, erst 20 Jahre alt, am 11. Januar 2005.
Der Porsche und seine Besatzung waren schon dem Parkhauswächter Frank E. (45) kurz vor dem Unfall im Parkhaus an der Josef-Massolle-Straße übel aufgefallen. Der Fahrer hatte offensichtlich betrunken und möglicherweise mit Kokain berauscht an der Ausfahrt am Porsche gelehnt, die Weiterfahrt mit einem Taxi jedoch abgelehnt. Mit dem höhnischen Spruch »Wir sind die Könige von Minden« hatten sich Fahrer und Beifahrer in den Sportwagen gesetzt, hätten bei der Ausfahrt fast einen Stahlpfosten gerammt.
Der Zeuge hatte umgehend die Polizei alarmiert. Auch den Insassen eines Golf IV aus Melle fiel der Porsche auf: Fahrer Christian W. (25) bemerkte den Sportwagen nach dem Abbiegen von der Massolle-Straße auf die Jöllenbecker Straße: Der Porsche überholte auf der rechten Abbiegerspur, scherte dann nach links vor dem Golf ein bevor der Fußgänger aufgeladen wurde. Christian W. und Frank E. erkannten beide den Angeklagten wieder, obwohl Heiko F. sein Aussehen drastisch verändert hatte. Erschien er gestern zum Prozessbeginn mit blondierten Haaren und Brille, hatten ihn Zeugen seinerzeit mit kurzen schwarzen Haaren, ohne Brille beschrieben.
Eine noch eindeutigere Zeugenaussage indes liegt von dem Zeugen Besnik K. (25) vor. Der Serbe war nach dem Unfall von Polizisten auf der Alfred-Bozi-Straße gefunden worden. Er stand neben dem Porsche, der dort mit einem Baum kollidiert war. Noch am Ort gab K. nach seiner Belehrung durch die Beamten an, »mein Freund, Heiko F., ist gefahren«.
Da gegen den Serben ein Haftbefehl vorlag, wurde der Mann inhaftiert und zehn Tage nach dem Unfall erneut ergänzend vernommen. K. bekräftigte seine ursprüngliche Aussage, wonach »Heiko F. zur Unfallzeit gefahren ist«. Vom Unfall wisse er nur noch, dass der Fahrer »mit Vollgas weiter gefahren ist und dass wir über rote Ampeln gefahren sind«. Besnik K. ist mittlerweile nach Serbien abgeschoben worden. Seine Aussage wird vermutlich durch Polizeibeamte als Zeugen in den Prozess eingeführt.
Die Verteidiger Mario Prigge (Bad Oeynhausen) und Uwe Meffert (Hamburg) machten gestern wiederholt Widersprüche in einigen Zeugenaussagen geltend. Ihr Versuch, einen Kfz-Sachverständigen mit einem Befangenheitsantrag aus dem Verfahren zu schießen, ging fehl. - Das Schöffengericht unter Vorsitz von Astrid Salewski wird den Prozess nun mit Sprungterminen fortsetzen, zur Sache geht es dann am 3. Mai.

Artikel vom 16.03.2006