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Phantasielos im Rathaus

Der neue FDP-Chef Seidenberg greift den OB an

Bielefeld (MiS). »Bielefeld wird phantasielos regiert.« In seiner Bewerbungsrede um das Amt des Vorsitzenden sparte Thomas Seidenberg am Dienstag beim Kreisparteitag der FDP nicht mit Kritik an den politisch Verantwortlichen im Rathaus.

»Ich finde es rührend, wenn Oberbürgermeister Eberhard David in einer Stadtteilbibliothek Märchen vorliest«, meinte Seidenberg. Doch es gebe weit wichtigere Themen, um die sich der Rathaus-Chef kümmern müsse. »Der AVA-Standort Bielefeld steht auf dem Spiel. Da muss sich der OB doch sofort auf den Weg zur Edeka-Zentrale nach Hamburg machen und für diesen Standort kämpfen.« Mehr denn je müsse im Rathaus der Fokus darauf gelenkt werden, die wirtschaftliche Kraft der Stadt zu stärken. Es reiche nicht, wenn die Politiker Einladungen zu Firmenjubiläen annähmen und einander zuprosteten.
Die satten und fetten Jahre seien vorbei. Mancher Politiker wolle dies offenbar noch immer nicht einsehen, sagte Seidenberg mit Blick auf die Debatte über die Anzahl der Bezirksämter in Bielefeld. Er sprach in diesem Zusammenhang von einem »Titanic«-Effekt: »Auf dem Oberdeck tanzen noch die Menschen, doch das Schiff hat längst den Eisberg gerammt.« Seine Partei sei kommunalpolitisch bestens aufgestellt, wenngleich sie derzeit keinen Fraktionsstatus im Rat besitze. Doch das bleibe das große Ziel für die nächste Kommunalwahl. Mit neuen Veranstaltungsformen will Seidenberg Zugang zu politisch interessierten Bürgern finden. Angedacht ist etwa eine Diskussionsrunde über das geplante neue Schulgesetz.
Mit 41 von 46 Stimmen war Seidenberg gewählt worden (das WESTFALEN-BLATT berichtete). Die Ergebnisse der weiteren Vorstandswahlen: 1. Stellvertreter Jörg Schäfer (42 Stimmen), 2. Stellvertreter Gudrun Metzger (36 Stimmen), Schatzmeister Hans-Dietrich Potthoff (38 Stimmen) und Schriftführer Dr. Klaus Schleicher (43 Stimmen). Als Beisitzer wurden Joachim Oehme, Friedhelm Bolte, Angelika Wilmsmeier, Michael Press und Detlef Niemeyer gewählt.
Der bisherige Schatzmeister Gregor vom Braucke war aus persönlichen Gründen nicht wieder zur Wahl angetreten. Mit Schulden hatte er die Kreisverbandskasse im Jahr 2000 übernommen. Obwohl die Partei seitdem zahlreiche Wahlkämpfe bestreiten musste, gelang es ihm, sie aus den roten Zahlen herauszuführen. Jetzt hat die FDP 6000 Euro auf der hohen Kante.

Artikel vom 16.03.2006