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Vorschulkinder lernen
nicht selbstständig

Psychologen: Ansporn durch Erwachsene motiviert

Bielefeld (sas). Wenn Erwachsene dabei sind, fühlen sich Kinder im Vorschulalter gleich zu mehr Leistung animiert. Und wenn sie dann auch noch angespornt werden, blühen sie regelrecht auf. Sich selbständig zu motivieren - was landläufige Meinung und entwicklungspsychologische Theorie ist - gelingt ihnen nicht so gut, hat eine Studie von Prof. Dr. Manfred Holodynski bewiesen.

Der Psychologe von der Universität Bielefeld hat Mädchen und Jungen zwischen drei und sieben Jahren puzzeln und Quadrate aus unterschiedlichen Formen zusammen setzen lassen. Dabei wurde in einer Kindergruppe die Zuversicht auf Erfolg geweckt: »Die Kinder wurden angespornt, mit Worten ermutigt und gelobt, geholfen wurde ihnen aber nicht«, erklärt er. In einer zweiten Gruppe saßen Erwachsene dabei, hielten sich aber zurück und schwiegen. Wenn es »hakte« fragten sie lediglich ganz sachlich, ob das Kind die Aufgabe nicht lösen könne. Und eine dritte Kindergruppe schließlich puzzelte alleine vor sich hin.
In der letzten Gruppe warfen die Drei- bis Siebenjährigen zuerst das Handtuch, wenn es schwierig wurde. In Gruppe 2, in der auf den Misserfolg reagiert wurde, blieben die Kinder länger bei der Stange, zumindest kurzfristig war ihre Bereitschaft zur Anstrengung mobilisiert. In der ersten Gruppe schließlich waren Beharrlichkeit und Eifer - und Erfolg! - am größten. Das war auch eine Woche später so, als die Kinder aller Gruppen nun ohne erwachsene Betreuer erneut vor ähnliche Aufgaben gesetzt wurden. »Die erste Gruppe, die Erfolgszuversicht kennen gelernt hatte, schaffte dreimal so viel«, sagt Holodynski. Gruppe 2 hingegen fiel zurück. Videoaufnahmen der Forscher zeigten, dass diese Kinder nicht nur enttäuscht waren, wenn sie nicht weiterkamen, sondern mit Beschämung reagierten: Sie bissen sich auf die Lippen oder schlugen gar die Hände vor das Gesicht. »Und Beschämung führt langfristig dazu, dass man peinliche Situationen vermeidet; man stellt sich ihnen nicht mehr.«
Daraus lernen Erzieher, Lehrer und Eltern: Lerneifer und Lernleistungen sind langfristig am größten, wenn Kindern Zuversicht eingeflößt wird, wenn sie ermutigt werden und Freude und Stolz geteilt werden.
Sie sich selbst zu überlassen (nach dem Motto: Die natürliche Neugierde wird es schon richten) bringt am wenigsten: Autonom von der Anwesenheit und Bewertung anderer bewerten sich Kinder im Vorschulalter noch nicht selbst nach »Tüchtigkeitsmaßstäben«.

Artikel vom 24.03.2006