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Kredit fürs Studium aufnehmen

Von Lena Brochhagen
»Wir haben bezaubernde Emails bekommen. Studenten haben sich für unsere Initiative bedankt«, sagt Nathalie Drücke von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (Kfw). Die Förderbank des Bundes bietet seit dem 1. April Studienkredite an. Höchstens 650 Euro im Monat leiht die KfW fürs Erststudium zu einem Zinssatz von fünf Prozent an.

»Das Angebot der KfW ist gerade noch vertretbar«, sagt Peter Bäcker vom Kölner Studentenwerk. Dennoch warnt er vor den Folgen, wenn sich viele Studenten hoch verschulden: »Stellen Sie sich vor, eine Studentin trifft an der Universität den Mann ihres Lebens. Nach dem Studium haben beide je 40 000 Euro Schulden. Wie sollen Akademiker dann Kinder bekommen?«
Kredit- obergrenzen sollen die von Akademikerkindern freie Welt verhindern. Die Deutsche Bank zum Beispiel leiht Studenten höchstens 30 000 Euro inklusive Zinsen. »Die Marktforschung hat ergeben, dass Studenten damit noch nicht überschuldet sind. Wir raten auch jedem Studenten, lieber weniger Kredit aufzunehmen«, sagt Sprecher Markus Block. Schon seit Oktober 2005 biete die Deutsche Bank Studienkredite an, die besonders in Universitätsstädten gut angenommen würden, sagt Michael Lermer von der Deutschen Bank. Etwa 15 Prozent der Studenten sind angeblich schon Kunden der Deutschen Bank. Die gibt aber nicht jedem Studenten Kredit - Langzeitbummler haben keine Chance. Wer Geld will, muss sein Studienfach nennen und einen Schufa-Bescheid, Studienplan und Leistungsnachweise vorlegen. Wer trödelt, muss zum Gespräch beim Bankberater.
Weniger streng regelt es der Finanzdienstleister Career Concept, obwohl ihn Sprecher David Schmutzler als »Förderung der Besseren« beschreibt. Career Concept vermittelt acht Bildungsfonds von Stiftungen, Privatleuten und Unternehmen, die ausgewählte Studenten mit bis zu 1000 Euro im Monat fördert. Nur jeder zehnte Bewerber schafft es in den Bildungsfond. Dann können Studenten aber nicht mehr aus der Förderung fliegen. Im Gegensatz zu Krediten muss nicht alles überwiesene Geld zurückgezahlt werden, sondern einige Jahre ein Teil des Bruttogehalts, meist zwischen drei und acht Prozent. »Die Rückzahlung ist einkommensabhängig, das gefällt vielen Studenten. Von denen weiß doch keiner, ob er in fünf Jahren 200 Euro im Monat hat, um einen Kredit zurückzuzahlen«, sagt Schmutzler. Wer nach dem Studium arbeitslos ist, müsse nichts abstottern - wer viel verdient, zahle dafür unter Umständen mehr zurück, als er bekommen hat. Für den Anbieter bleibe das Risiko überschaubar, weil die meisten der derzeit 3000 Geförderten nach dem Studium gut verdienten - viele werden Ingenieure, Juristen oder Informatiker, studieren also klassische Karrierefächer. David Schmutzler: »Aber auch ein sehr guter Archäologe hat Chancen.«
Für die meisten Studenten dürfte es aber einfacher sein, Geld zu bekommen als es zurückzuzahlen. »Die Schul-denfalle wird Absolventen hart treffen und vor allem Kinder aus finanziell schwachen Familien vom Studium abhalten«, prognostiziert Regina Weber vom Freien Zusammenschluss von Studentenschaften.
Ums Kellnern werden also viele Studenten nicht herum kommen. Schon jetzt arbeiten zwei von drei Studenten nach Angaben des Deutschen Studentenwerks parallel zum Studium, jeder Vierte bezieht nach Zählungen des Statistischen Bundesamtes Bafög. Aber nur zwei Prozent der Studenten bekommen Stipendien. Für den ratlosen Rest bleiben Kredite immerhin eine Möglichkeit. Peter Bäcker (Studentenwerk Köln): »Da wird ein Fenster aufgemacht, wo man relativ problemlos Geld bekommt.«

Artikel vom 03.05.2006