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Nachdenken ist angesagt

Harte Kritik am Kunstobjekt Santiago Sierras


Pulheim (dpa). Die Stadt Pulheim will in der kommenden Woche über die Zukunft ihres kritisierten Kunstprojektes entscheiden, bei dem der spanische Künstler Santiago Sierra (39) tödliche Autoabgase in eine ehemalige Synagoge geleitet hatte. Zuvor wolle sich der international bekannte Aktionskünstler im Gespräch seinen Kritikern stellen, sagte gestern ein Sprecher der Stadt.
Das Internationale Auschwitzkomitee begrüßte den Abbruch der Aktion, die von den Überlebenden der Konzentrationslager als »brutal und mitleidlos« angesehen werde. Der 39-jährige Spanier hatte die Abgase von sechs Autos in das frühere jüdische Bethaus von Pulheim-Stommeln geleitet, um damit auf die nach seiner Meinung herrschende »Banalisierung der Erinnerung an den Holocaust« aufmerksam zu machen.
Der ebenfalls als Provokateur bekannte Regisseur Christoph Schlingensief (45) lehnt die Pulheimer Aktion als zu banal ab. Der Publizist Henryk M. Broder nannte die Sierra-Aktion eine »gigantische Geschmacklosigkeit«. Der Autor Ralph Giordano hatte die Aktion als eine »Niedertracht sondergleichen« kritisiert. »Hätte Sierra auch nur die kleinste innere Beziehung zu der Welt der Opfer, hätte er sich sein Machwerk verkniffen«, sagte der Holocaust-Überlebende.

Artikel vom 15.03.2006