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In den Fängen der Staatssicherheit

Ehemaliger Häftling sprach vor Gymnasiasten


Bielefeld (sj). »Die Überwachung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gleicht einem Spinnennetz - oft ist man überrascht, wie viele Informationen über einzelne Personen gesammelt wurden«, berichtete Rainer Dellmuth gestern den Schülern des Ratsgymnasium. Dellmuth ist ehemaliger Stasi-Häftling und hielt in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stifung Mittwoch im Ratsgymnasium einen Vortrag über seine Erfahrungen im ehemaligen »Arbeiter- und Bauernparadies«. Im Rahmen des Geschichtsunterichtes lauschten Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufe 10 gespannt seinen anschaulichen Schilderungen.
Im Dezember 1967 wurde der 18 Jahre alte Rainer Dellmuth erstmals verhaftet, weil er eine Reise zu seinem Vater in den Westen antrat. Weitere Verhaftungen und anschließende Gefängnisaufenthalte folgten, die insgesamt drei Jahre einnahmen. Dellmuth, der sich als »Spätfolgekind des Nationalsozialismus« bezeichnet, zeigte den Schülern Bilder der Kellerzellen der Gefängnisse. Außerdem demonstrierte er anschaulich, unter welchen Umständen der Transport der Häftlinge erfolgte: Fünf Schüler wurden nach vorne gebeten, um sich auf einen ein Quadratmeter großen Fleck zu drängen. In solch beengten Räumen wurden die Häftlinge im Hochsommer von Haftanstalt zu Haftanstalt gebracht.
Als freier Mitarbeiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen - wo er selbst neun Haftmonate verbrachte- ist er als Besucherreferent tätig. Sein Anliegen ist es, konkret an das Schicksal einzelner Stasi-Opfer und die Überwachungs- und Einschüchterungsmethoden des MfS zu erinnern.
»Eine demokratische Staatsform ist schützenswert und man darf nicht aufgeben, auch wenn man im Leben viele schlimme Dinge erlebt hat«, schloss Rainer Dellmuth seinen Vortrag mit einem Appell an seine Zuhörerschaft.

Artikel vom 18.03.2006