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Bayern muss neu »bauen«

Architekt Hoeneß hat erkannt: zu wenig Qualität und keine Stabilität

Von Klaus Lükewille
München (WB). Alte Asse, die ihre besten Tage schon hinter sich haben. Junge Talente, die zu oft zu unbeständig spielen. Und ein Star, der seit Monaten nur noch seinen Auslands-Wechsel im Kopf hat.

Nein, beim FC Bayern München ist es nicht allein die mangelhafte Qualität, um höhere Ansprüche zu erfüllen - hier stimmt auch die Mannschafts-Mischung nicht. Uli Hoeneß sah beim 1:4 in Mailand viele »Baustellen« und wenig Stabilität: »Wir haben gemerkt, dass es bei einigen nicht reicht.«
Selbstkritik war von ihm allerdings nicht zu hören. Dabei ist der Manager ja der verantwortliche »Ober-Architekt«, der in Absprache mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge dieses »Bayern-Haus« baute. Bei Vergleichen auf höchstem Niveau bricht es seit vier Jahren immer wieder zusammen.
Vorrunde, Achtelfinale, Viertelfinale und jetzt wieder schon Achtelfinale: Das waren die zu frühen Endstationen in der Champions League. 2:4 in Chelsea, 1:4 in Mailand. Wer auswärts einen doppelten Viererpack kassiert, dessen Abwehr-Mauer kann nicht richtig stehen. Oliver Kahn ist zwar noch gut, aber die »Unhaltbaren«, die meistert er auch nicht mehr.
Willy Sagnol auf der rechten Seite spielt gern den Bruder Leichtfuß. Linke Probleme gibt es auch: Philipp Lahm ist nach langer Verletzungspause noch nicht wieder soweit, Bixente Lizarazu merkt man die 18 Profi-Jahre bei jedem Schritt an. Und auch Valerien Ismael war nicht die erhoffte Verstärkung, er wird offensichtlich überschätzt. Warum er für Frankreichs WM-Auswahl nicht in Frage kommt, wurde in den Partien gegen Mailand deutlich. Allein Lucio steht außer jeder Kritik, der Brasilianer genehmigte sich aber ausgerechnet beim 1:4 gegen Milan auch mal einen schwächeren Tag.
Eine Deckung mit Mängeln, die fast immer in der gleichen Formation aufläuft - denn Trainer Felix Magath hat hier zu wenig Alternativen. Dafür herrscht im Mittelfeld ein Überangebot. Elf Spieler für vier Plätze. Alle Positionen sind doppelt bis dreifach besetzt.
Martin Demichelis, Hasan Salihamidzic, Owen Hargreaves, Andreas Ottl und Jens Jeremies sind die Männer für die Defensiv-Aufgaben. Offensive Impulse sollen Ze Roberto, Ali Karimi, Sebastian Deisler, Bastian Schweinsteiger oder Routinier Mehmet Scholl geben. Hier mischt Magath sein Mittelfeld-Quartett immer wieder neu durcheinander. Nur einer ist Woche für Woche stets dabei: Michael Ballack. Aber der ist ja so gut wie weg. Hoeneß hat den Kapitän der Nationalmannschaft jedenfalls längst abgeschrieben: »Ich beschäftige mich bei meinen Personal-Planungen schon auf eine neue Auswahl ohne Ballack.«
Immerhin: Mit 12 Treffern ist Mittelfeldmann Ballack Bayerns bester Torschütze. Denn im Angriff, da hat der deutsche Rekordmeister auch so seine Sorgen. Durch den Verletzungsausfall von Roque Santa Cruz ist nur noch ein Trio sturmbereit: Claudio Pizarro, Paolo Guerrero und Roy Makaay. Den ganz großen Wechsel-Druck kann Magath da nicht machen.
Zu viele schwache Stellen im Team, zu wenig Konkurrenz im Kader - aber das soll sich ändern. Schnellstens. Hoeneß, der Architekt, hat angekündigt, dass er schon an einem veränderten Gerüst baut. Mit einer stabileren Statik. Aber eine Elf auf dem Reißbrett und dann die Elf auf dem Platz - das ist oft ein gewaltiger Unterschied.
Hier suchen die Bayern nämlich schon seit vier Jahren nach dem großen Entwurf, der auch internationale Preise gewinnen kann.

Artikel vom 15.03.2006