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Und nach dem Einkauf
in die Fischbratküche

Kult-Gaststätte am Jahnplatz feiert den 80. Geburtstag

Von Michael Diekmann
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Gekonnt jongliert Katie Niebur mit fünf Portionen Backfisch zum Tresen. Klingeling, die Bedienung übernimmt und trägt aus, da rücken schon die nächsten Teller nach. Kurz vor 12 Uhr ist Hochbetrieb in der Bielefelder Fischgaststätte, die man gemeinhin einfach nur »Fischbratküche« nennt. In diesem Jahr feiert die Institution ihren 80. Geburtstag.

Die Frage nach dem Klassiker ist schnell beantwortet. Hausgemachter Kartoffelsalat und Backfisch in einem Bierteig, der ebenfalls nach einem Hausrezept in der Küche am Jahnplatz zubereitet wird. »Die Gäste schätzen diesen ganz besonderen Geschmack, die Zubereitung und das Flair im Lokal«, schwärt Michael Wernemann (39). Bis vor eineinhalb Jahren war er Restaurantleiter gewesen, als das Lokal im Besitz der Homann-Gruppe stand.
Die Entscheidung, es selbst zu übernehmen, habe keiner langen Überlegung bedurft, betont der Eigentümer im Jubiläumsjahr. Das eingespielte Team von 15 Mitarbeitern trotzt auch schwerster See, wenn der Ansturm besonders groß ist. Lange Wartezeiten gibt es nicht. Die Bedienung ist schnell, blitzsauber und gewandt, so wie genau vor acht Jahrzehnten, als Paul A. Morsbach in der Breiten Straße seine Tradition eines »Seefisch Speisehauses« begonnen hatte. »Kein Trinkzwang, kein Bedienungsgeld, Gerichte ab 40 Pfennigen« stand damals im Schaufenster. Heute kostet der Klassiker 5,50 Euro und ist beliebt wie eh und je.
Damals vor 80 Jahren und ohne die Errungenschaften moderner Kühlketten kam die Eröffnung eines Fischlokals auf dem flachen Land einer Sensation gleich. Heute ist die Fischbratküche wieder eine Ausnahmeerscheinung. Das hat auch Hauseigentümer Hans Mensendiek erkannt und dem Klassiker mit einem topaktuellen Bistro im Foyer modernen Boden für schnelle Gäste bereitet.
Mensendiek schätzt wie die meisten älteren Gäste das einzigartige Flair des Lokals, einer Mischung aus Helgoländer Alter Liebe und Strandlokal in Cuxhaven. Der Fisch kommt tiefgekühlt direkt von See, eingekauft von Wernemann persönlich, die Kartoffeln stammen vom Bauern aus der Senne Morgens ab fünf Uhr beginnen Friederike Bardon und Hildegard Nonnengießer mit der Vorbereitung des Kartoffelsalats, an Spitzentagen mehr als 200 Kilogramm. Chefkoch Stefan Scholz steuert derweil die hochmoderne Edelstahlküche aus holländischer Produktion: Gasfriteuse und automatische Filtertechnik sind auf dem allerneuesten Stand. Das schätzen auch immer mehr junge Gäste. Wernemann: »Schließlich ist Fisch sehr gesund.«

Artikel vom 15.03.2006