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Das Freibier-Versprechen

WM-Paten (Folge 8): Gastronomin Susanne Plattner aus der Schweiz

Von Hartmut Horstmann
und Oliver Schwabe (Foto)
Vlotho (WB). Wenn die Schweiz Weltmeister wird, verspricht Susanne Plattner Freibier. Kein Wunder, denn die 30-Jährige, die mit ihrem Lebensgefährten eine Gastwirtschaft in Vlotho betreibt, stammt aus einer kleinen Stadt in der Nähe von Basel.

Ein Blick in das auf einer Anhöhe gelegene Lokal »Zum Rütli« zeigt: Hier regiert König Fußball. Während Koch und Lebensgefährte Ralf Metz (28) ein Schalke-Trikot aufgehängt hat, liebäugelt Susanne Plattner mit dem FC Basel. Die Erfolge des Schweizer Vereins, der es bis in die Champions League brachte, machten die junge Frau zum Fußballfan. Und als sich dann noch die Nationalmannschaft gegen die Türkei in der WM-Qualifikation durchsetzte, kannte der Jubel keine Grenzen. »In der Schweiz waren alle aus dem Häuschen«, weiß die Gastronomin, die die Wogen der Begeisterung auch im weit entfernten Vlotho spürte. Denn die Gäste im Lokal freuten sich mit ihr: »Fast jeder hat mir gratuliert, als wenn ich selbst gespielt hätte.«
Die Menschen in ihrem Heimatland feierten die Qualifikation wie einen Weltmeisterschaftsgewinn. »Wir waren so viele Jahre nicht dabei«, erklärt Plattner die Euphorie. Immerhin sind einige der Nationalspieler in der Bundesliga mit am Ball, so dass es einfach ist, das wöchentliche Wirken der Spieler zu verfolgen. Besonders angetan hat es ihr Raphael Wicky, der beim Hamburger SV im defensiven Mittelfeld spielt.
Aus dem Land der hohen Berge führte sie die Liebe in das Land der großen WM-Erwartungen. Weil ihr Freund in der Nähe von Paderborn als Koch arbeitete, zog sie vor drei Jahren nach Deutschland. Der gemeinsame Traum, ein eigenes Lokal aufzumachen, wurde Wirklichkeit, als die beiden von einem Schweizer hörten, der ein Gasthaus in Vlotho besitzt. Als der damalige Pächter auszog, griffen die Freunde des runden Leders zu.
Und Susanne Plattner fühlt sich wohl, ja nach kurzer Zeit fast heimisch in der Weserstadt. Interessant sind die Parallelen zwischen ihrem Heimatort Rheinfelden und Vlotho: In beiden Fällen handelt es sich um Kleinstädte; während in Vlotho etwa 21 000 Menschen leben, sind es in Rheinfelden 11 000. Die Umgebung der Städte bezeichnet Plattner als »leicht hügelig«, ebenfalls trägt ein Fluss zum Stadtbild bei. Und dann wird Susanne Plattner in der Weserstadt noch mit einer herrlichen Aussicht aus ihrem Lokal beschenkt. Ein guter Ort, um mit Fans die FußballBundesligaspiele am Samstag auf Premiere zu sehen, ein guter Ort auch, um die Fußballweltmeisterschaft zu genießen.
Schwer tut sich die 30-Jährige mit einer Prognose. Wenn für die Schweizer alles gut geht, traut sie ihren Landsleuten das Viertelfinale zu. Allerdings räumt sie auch die Schwachstelle des Teams ein: »Die haben Probleme mit dem Toreschießen.«
Vielleicht haben die Schweizer Glück. Das Wörtchen »vielleicht« kann man nach Ansicht der Gastronomin streichen, wenn es um die Fußballer ihrer Wahlheimat geht. »Deutschland hat immer Glück«, behauptet sie - und sieht die Mannen um Jürgen Klinsmann immerhin unter den letzten Vier.
Die größten Chancen, Weltmeister zu werden, räumt sie den Brasilianern ein: »Die haben die besten Spieler.« Kaum hat die junge Frau den Experten-Tipp gewagt, schiebt sie auch schon mit leiser Stimme nach: »Heimlich hoffe ich natürlich immer noch auf die Schweiz.« Und mit ihr hoffen sicherlich ihre Gäste, denn das Freibier-Versprechen steht.

Artikel vom 29.03.2006