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»Schöne Hysterie in Paris«

WM-Paten (Folge 4): Véronique Souben wünscht den Deutschen den Titel

Von Hartmut Horstmann
und Jörn Hannemann (Fotos)
Herford (WB). Véronique Souben kennt das WM-Fieber aus eigenem Erleben. Zwar interessiert sich die 37-Jährige nicht sehr intensiv für den Fußballsport, doch war sie vor acht Jahren dabei, als sich die Kicker dieser Welt in ihrem Heimatland Frankreich trafen.

Die damalige Stimmung in Paris bringt die junge Frau, die als Kuratorion am MARTa in Herford arbeitet, auf die Formel: »Es war eine schöne Hysterie.« Die Begeisterung, die eine ganze Nation erfasste und in Form von viel Energie noch Monate nachwirkte, übertrug sich auf Véronique Souben. Vorher habe sie sich kaum für Fußball interessiert, bekennt sie. Doch der Superstimmung habe sich niemand entziehen können.
Die Kunstexpertin weiß, wie es ist, wenn der Funke überspringt. Daher hofft sie auch, dass die Deutschen den WM-Titel gewinnen: »Das hat uns Franzosen damals viel Kraft gegeben, bei jedem einzelnen positive Energien freigesetzt.«
Véronique Souben gerät ins Schwärmen - was ihr nicht schwer fällt, denn der Ort, in dem die Französin in Herford die meiste Zeit verbringt, ist das MARTa, das weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Museum für Kunst und Design. Die Aussicht, mit dem früheren Documenta-Leiter Jan Hoet in Herford zu arbeiten, war der Anlass zur Bewerbung auf die freie Kuratorinnen-Stelle. Eine Bewerbung mit Erfolg, so dass Souben vor drei Jahren von Paris nach Herford zog.
Die Kontakte, die sie vom MARTa aus pflegt, sind international, haben mit dem ambitionierten künstlerischen Anspruch der Einrichtung zu tun. Daher kann die 37-Jährige mit Überzeugung sagen, dass sie vielleicht nicht die typische Herforderin ist, dass sie sich hier dennoch sehr wohl fühlt.
Auf die Frage nach eigenen fußballerischen Aktivitäten lacht die Französin. Sicher, als kleines Mädchen habe sie auch mal gespielt, aber das sei lange her. Mit mehr sportlichem Nachdruck widmete sie sich später dem Kunstspringen. Doch Probleme mit den Augen führten dazu, dass die 14-jährige Véronique ihr Hobby, den Sprung ins Wasser, nicht fortsetzen konnte.
Obwohl sie viele Menschen in Frankreich kennt, die sich stark mit dem Fußball beschäftigen, spürt sie persönlich von der Vor-WM-Euphorie in Deutschland zurzeit wenig. Die Ausstellungen im MARTa fordern die ganze Frau, doch die Begeisterung wird kommen. Souben zeigt auf einen Monitor, der im Café hängt: »Dort zeigen wir während der Weltmeisterschaft Fußball.« Vor allem MARTa-Leiter Jan Hoet sei sportbegeistert.
Hinsichtlich eines WM-Tipps tut sich die 37-Jährige schwer. Mit diplomatischem Charme hofft sie auf Deutschland, aber auch die Brasilianer (und die Franzosen sowieso) erfreuen ihr Herz. Mit Glanz in den Augen erinnert sie sich an das WM-Endspiel vor acht Jahren, als Frankreich gegen Brasilien spielte. Ihr Liebling Zidane war überragend, doch der Sieg der Franzosen stand gar nicht im Mittelpunkt - stattdessen wurde auf einem Hinterhof in Paris Party gemacht: »Wir haben dort zusammen mit brasilianischen Fans das Spiel angeschaut - mit viel Musik und Tanz.«
Zu den großen Herausforderungen, die der 37-Jährigen in Deutschland noch bevorstehen, gehört der Besuch eines Fußballspiels. Sie sei noch nie in einem Stadion gewesen, bedauert sie: »Die Begeisterung, die Menge - das zu erleben fasziniert mich.«
Gute Stimmung soll auch für Herford gelten, wenn sich die Französin und ihr MARTa an der WM-Aktion »Land der Ideen« beteiligen. »Erlebe das Möbelhaus der Zukunft!«, heißt es am 20. April, wenn die Nation auf die Werrestadt und ihren Gehry-Bau blickt.

Artikel vom 15.03.2006