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Beckenbauer zwischen
Sorge und Hoffnung

»Die Anderen sind auch nicht viel besser«

Vertrauen in Klinsmann: Franz Beckenbauer.

Berlin (dpa). Der Kritik folgt die Besänftigung. Einen Tag vor dem Berliner WM-Gipfel bei Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Franz Beckenbauer dem umstrittenen Bundestrainer Jürgen Klinsmann sein Vertrauen ausgesprochen. »Es war nicht meine Absicht, die Autorität von Jürgen Klinsmann in Frage zu stellen. Im Gegenteil. Ich traue ihm nach wie vor zu, eine erfolgreiche WM zu spielen«, sagte der Präsident des WM-Organisationskomitees.
In einer öffentlichen Stimmung zwischen Skepsis und vager Zuversicht knapp drei Monate vor dem WM-Start geht es Beckenbauer jetzt besonders um Pflichterfüllung in allen Bereichen. Das war auch der eigentliche Grund, warum er Klinsmann wiederholt gerügt hatte. Das Treffen der WM-Trainer in Düsseldorf sei eine »Pflichtveranstaltung« gewesen, bei dem der Heimtrainer der WM nie und nimmer hätte fehlen dürfen. Davon geht er nicht ab - um Klinsmann gleichzeitig vorzuwarnen. Bisher habe es für ihn nur »Gegenwind« gegeben. »Aber der richtige Orkan kommt erst später, der kommt bei der WM.«
Auch Beckenbauer hofft zwar auf ein Happy-End, doch wenn er über die Nationalmannschaft spricht, mischt sich Hoffnung mit Zweifel. »Du hast keinen Anführer, da ist nur der Ballack. Wir haben die gleiche Situation wie vor vier Jahren. Es ist egal, wer spielt«, sagt der 60-Jährige und fügt rasch hinzu: »Das ist nicht abwertend.« Er sagt aber auch: »Wenn sie alles umsetzen, physische Überlegenheit, Begeisterung und Teamspirit, warum sollen sie nicht ins Endspiel kommen? Die Anderen sind auch nicht viel besser.«
Die Besorgnis Beckenbauers ist groß, dass der augenblicklich so schlecht dastehende deutsche Fußball die Stimmung des bevorstehenden Fußball-Festes trüben könnte. Er sieht das Nationalteam als eine reine Heimmannschaft. Die Spieler »sind jung, talentiert, unerfahren. Die meisten spielen in Clubs ohne internationale Herausforderung, deshalb haben sie auswärts diese Probleme, weil sie Angst haben.«

Artikel vom 15.03.2006