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Tarifstreit spaltet Koalition

SPD-Spitze setzt auf Schlichtung - CDU-Minister lehnt kategorisch ab

Stuttgart/Berlin (Reuters). Der festgefahrene Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes wächst sich zu einem Streit in der großen Koalition aus. Hartmut Möllring (links), hier mit Verdi-Chef Frank Bsirske, lehnt eine Schlichtung kategorisch ab.

Die SPD-Spitze forderte gestern die Einsetzung eines Schlichters und bekräftigte zwei Wochen vor den Landtagswahlen in drei Bundesländern ihre massive Kritik am Verhandlungsführer der Länder, dem CDU-Politiker Hartmut Möllring. Dagegen warnte der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, den Koalitionspartner vor einer Einmischung in den Tarifstreit. Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach Angaben ihres Sprechers nicht in den Konflikt eingreifen.
Die Streiks der Gewerkschaft Verdi gegen die Arbeitgeberforderung nach längeren Arbeitszeiten gingen in die sechste Woche. Der SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck sagte nach einer Sitzung des Parteipräsidiums: »Wir sind der Überzeugung, dass es sinnvoll ist, eine Schlichtung anzustreben.« Die Bürger warteten auf eine schnelle Lösung, die niemanden in die Knie zwinge, sagte der brandenburgische Ministerpräsident. Während einer Schlichtung müssen Streiks ausgesetzt werden.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kurt Beck deutete an, dass er konkrete Kandidaten für den Schlichterposten im Auge habe. In einem Interview erklärte der frühere Bremer Bürgermeister Henning Scherf (SPD) seine Bereitschaft, die Rolle des Schlichters zu übernehmen. Im Gespräch ist auch auch der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU). Wie Platzeck kritisierte Beck den niedersächsischen Finanzminister Möllring für dessen Verhandlungsführung für die Tarifgemeinschaft der Länder.
Der CDU-Politiker lehnte ein Schlichtungsverfahren ab. »Von einer Schlichtung halte ich nichts«, sagte er. »Die Tarifgemeinschaft der Länder ist stark genug, sich selbst zu einigen.« Von 14 in der Tarifgemeinschaft vertretenen Ländern hätten zehn seine Verhandlungsposition unterstützt. Möllring, der Rückendeckung aus zahlreichen unionsgeführten Ländern bekam, forderte Verdi auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Die Länder fordern die Verlängerung der Wochenarbeitszeit für die Arbeiter und Angestellten von 38,5 auf 40 Stunden. Verdi lehnt das mit der Begründung ab, längere Arbeitszeiten würden Arbeitsplätze vernichten. Die Tarifverhandlungen waren am Samstag unterbrochen worden, ohne dass ein neuer Termin vereinbart wurde.
Unions-Fraktionschef Kauder mahnte die SPD zur Zurückhaltung. »Ich würde dringend davon abraten, dass sich nun Politik und Parteien einschalten«, sagte der CDU-Politiker. »Wenn Ministerpräsident Beck sich im Wahlkampf befindet, will ich ihn davor warnen, dass er einseitig Partei ergreift.«Seite 4: Kommentar

Artikel vom 14.03.2006