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Hoffnungsvoller Fusionsprozess gestoppt


Ebenfalls zur Zukunft der Paul-Gerhardt-Kirche erreichte uns diese Zuschrift:
Die Neustädter Mariengemeinde, als Innenstadtkirche mit musikalischen Schwerpunkt auf der einen Seite, und die Paul-Gerhardt-Kirche auf der anderen, mit einem aktiven Gemeindeleben, angefangen von Krabbelgruppen bis hin zu Seniorenkreisen - das hätte eine richtig gute Symbiose ergeben können. Nach diesem so hoffnungsvollen gemeinsamen Start zu Pfingsten letzten Jahres hätten alle Türen offen gestanden, um ein wunderbares gemeinsames Gemeindeleben zu gestalten. Ohne das Auftreten eines Kaufinteressenten für die Paul-Gerhardt-Kirche hätte sich hier ganz sicher ein Fusions-Prozess vollzogen, der beispielhaft für viele andere Gemeinden hätte sein können. Die Paul-Gerhardt Gemeinde hat zu vielen Anlässen bereits gezeigt, wie engagiert und fortschrittlich sie ist. Ihre Gemeindeglieder haben immer wieder Mut zu Neuem bewiesen. So war es ja auch diese Gemeinde, die den ersten Schritt hin zu einer Fusion gemacht hat. Und das ganze damals nicht aus dringender finanzieller Not heraus, sondern, weil das für einen Schritt in die richtige Richtung gehalten wurde. Während sich andere Gemeinden doch eher zögerlich und erst einmal abwartend verhielten, hat sich diese Gemeinde bewegt!
Wenn beide Gemeinden Zeit gehabt hätten, zu einer Gemeinde zusammenzuwachsen, sich unter einem Dach einzurichten und wohl zu fühlen, dann hätte dem Verkauf der Kirche auch aus Sicht von Paul-Gerhardt zu einem geeigneten Zeitpunkt sicherlich nichts im Wege gestanden. Und im Zuge solcher Überlegungen wäre ein Verkauf an die jüdische Kultusgemeinde eine wunderbare Sache und eine Chance für das jüdisch-christliche Miteinander gewesen. Doch die Chance wurde vertan durch das vorschnelle, rigorose Vorgehen von Kirchenleitung und Bevollmächtigten aus Neustadt-Marien und hat in weiten Teilen der Paul-Gerhardt-Gemeinde zu tiefen Verletzungen und nahezu unüberbrückbarem Misstrauen geführt. Verzweiflung, große Trauer und das Gefühl, verraten, verkauft worden zu sein - so ließe sich das derzeitige Stimmungsbild bei vielen im diesem Gemeindebezirk annähernd umschreiben. Eine zunehmend kritische Einstellung gegenüber der Kirche, sowie der Rückzug engagierter Gemeindeglieder und Ehrenamtlicher aus dem aktiven Gemeindeleben, sind die logische Konsequenz, was Umpfarrungen und Kirchenaustritte bereits bezeugen. Was da verloren gegangen ist, kann mit keinem Preis/Kaufpreis aufgewogen werden! Und so frage ich mich wirklich: Können die Mitglieder der jüdischen Kultusgemeinde denn tatsächlich in Räumen feiern (Gottesdienst feiern), obwohl sie wissen, mit wie viel Trauer und Tränen dieser Verkauf bezahlt wurde?

BIRGIT MÜLLERBielefeld

Artikel vom 11.03.2006