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Theatergrau neben goldenem Rathaus

Farbton orientiert sich am Original von 1904 - Theaterwerbung wieder nur auf Stofftuch

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). An einigen Stellen, vor allem am hohen Turm des Theatergebäudes, ist bereits zu erkennen, wie das Haus nach dem Umbau aussehen wird: hellgrau. Farblich orientiert sich alles am Originalkonzept aus dem Jahr 1904.

»Wir haben die Restauration der Fassade im Einklang mit den Vorgaben der Denkmalschutzbehörde vorgenommen«, versichert Günther Tiemann vom Vorstand der Theaterstiftung. Die Farbgebung - die das Theater optisch deutlich vom Rathaus mit seinem »goldenen« Sandsteinton scheidet - wird »vom vorderen, dem Niederwall zugewandten Baukörper her auf die hinteren, neueren Gebäude abgewickelt.«
Glatte Flächen sind nach Tiemanns Angaben in helleren Nuancen schattiert als die grob strukturierten. »Und weil die Fassade im Alterungsprozess ohnehin nachdunkelt, haben wir bewusst einen noch lichteren Farbton gewählt.«
Ende April sollen die Gerüste verschwunden sein. Dann werde wieder sichtbar, was das Theater ursprünglich war: ein Putzbau mit geringem Natursteinanteil. Der Sockel besteht aus - ebenfalls weißgrauem - Muschelkalk.
Und wie wird das Theater künftig seine Inszenierungen bewerben? Antwort: weiterhin mit einem simplen Banner. Über die »große Lösung«, einen beleuchteten Kasten, werden die Bezirksvertretung Mitte und der Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss (UStA) keine neue Debatte eröffnen, wie man gestern beschloss.
Vor Beginn des Umbaus hatte das Theater an der dem Rathaus zugewandten Wand mittels eines Banners auf neue Produktionen hingewiesen. Das an Haken aufgehängte Tuch, das jedesmal von der Feuerwehr gegen ein neues ausgetauscht werden musste, soll künftig wie eine Fahne an Schnüren auf- und abgezogen werden.
Die Technik für die 20 Quadratmeter große Werbefläche kostet 15 000 bis 20 000 Euro. Ein von der Theaterwand abgerückter »Kasten« hätte 52 750 Euro gekostet. Um diesen Kasten zu simulieren, wurde gestern - vor der Sitzung der BZV Mitte - eine 6,74 Meter hohe und 5,39 Meter breite Sperrholzwand aufgestellt.
Was sie sahen, gefiel den Politikern nicht. »Erstens fürchten wir, dass hinter dem Kasten ein Urinal entsteht«, sagte BZV- und UStA-Mitglied Hartmut Meichsner. »Zweitens würde ein solches Monstrum die Ästhetik des Gesamtensembles von Theater und nicht minder schönem Rathaus beeinträchtigen. Drittens wird wohl die Werbewirksamkeit eines solchen Kasten überschätzt.«
Fazit: kein Kasten. Soweit er wisse, sei das Banner auch schon bestellt«, meinte Meichsner und verwies darauf, dass das Theater ursprünglich die Bannerlösung beantragt habe. »Das wollten sie, das bekommen sie jetzt.«
»Die Politiker hier haben überhaupt keine Phantasie«, befand Intendant Michael Heicks enttäuscht. »Wir hätten diesen Schaukasten phantasievoll gestaltetet und die Ecke perfekt ausgeleuchtet.« Für ganz schwach hält Heicks die Begründung, warum sich die Politik überhaupt mit dem Thema befasste: Der Kasten hätte auf öffentlichem Grund gestanden - so war die BZV Mitte zuständig.
Heicks empfahl den Politikern, sich einmal umzusehen, wie die Theater in vergleichbaren Städten ihr Programm bewerben könnten. »Da ist deutlich mehr möglich«, sagte der Intendant, und eine Ahnung vom »Possenstück in der Provinz« schwebte im Raum . . .

Artikel vom 10.03.2006