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Sportlich zwei Schritte voraus

Der SC Paderborn ist zu erfolgreich

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Die Liste der verletzten Spieler wird beim Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07 immer länger. Mit David Fall fällt bereits der dritte Stammspieler länger aus. Trainer Jos Luhukay warnt deshalb vor zu großer (Aufstiegs-)Euphorie beim besten Bundesliga-Neuling:
»Wir haben noch einen sehr steinigen Weg vor uns.«

Sportlich ist nach der 0:2-Heimpleite gegen Dynamo Dresden und vor dem heutigen Gastspiel bei den abstiegsbedrohten Offenbacher Kickers die Lage noch äußerst komfortabel: sechster Platz, 36 Punkte, vier Zähler Rückstand auf Rang drei, 13 Vorsprung auf die Abstiegszone. Dem Neuling kann nicht mehr viel passieren, auch wenn Paderborns Chefcoach einen Satz ständig wiederholt: »Wir sind noch nicht am Ziel.«
Das heißt Klassenerhalt. Zwar fehlt wohl nur noch ein Sieg, die personellen Probleme bereiten dafür aber immer größere Sorgen. Der kleine Zweitligakader (19 Feldspieler, drei Torhüter) wird seit Rückrundenstart ständig ausgedünnt. Mit Thorsten Becker und Stephan Maaß (beide Kreuzbandriss) kommen zwei Spieler in dieser Saison gar nicht mehr zurück, David Fall (Haarriss in der Sehne am Sprunggelenk) fehlt bereits seit drei Wochen und wird noch einen weiteren Monat lang aussetzen müssen. »Wir können Spieler ein oder zwei Wochen ersetzen, aber nicht länger«, sagt Luhukay, der heute erneut auf den noch immer grippekranken Daniel Brinkmann verzichten muss.
Auch deshalb weigerte sich Luhukay bislang vehement, den Erstliga-Aufstieg genauer ins Visier zu nehmen: »Eine Mannschaft, die hoch will, muss auf jeder Position doppelt besetzt sein.« Das ist der SC Paderborn nicht, was ein Beispiel besonders gut belegt: Wenn sich in naher Zukunft auch noch der zurzeit überragende Garry de Graef verletzen würde, hätte der Zweitligist keinen linken Außenverteidiger mehr.
Der Personalnot gehorchend, könnte Luhukay heute zum ersten Mal einen Spieler in die Start-Elf beordern, der seit Monaten praktisch ohne Spielpraxis ist. Der Österreicher Bernhard Erkinger, von Red Bull Salzburg gekommen, war in der Vorbereitung verletzt, kam vor zwei Wochen nur in der Reserve (zwei Tore) zum Einsatz und könnte heute seine Zweitliga-Premiere feiern. »Ich muss darüber noch eine Nacht schlafen, aber Bernhard wäre eine Alternative«, ist Luhukay überzeugt.
Der kleine Kader ist aber nur ein Paderborner Problem, der Verein wäre mit der ersten Liga ohnehin völlig überfordert. »Sportlich ist die Mannschaft dem Klub und dem Umfeld zurzeit zwei Schritte voraus«, spielt der Sportliche Leiter Günther Rybarczyk auf das fehlende Stadion, die insgesamt mangelhaften Trainingsbedingungen und den fehlenden Unterbau (Reserve steht in der Verbandsliga auf einem Abstiegsplatz) an. Ändern kann sich nur etwas, wenn die Paragon Arena endlich fertig gestellt wird. »Ohne neues Stadion sind wir noch nicht einmal in der zweiten Liga auf Dauer konkurrenzfähig«, malt Rybarczyk ein düsteres Bild, das allerdings der Realität entspricht.

Artikel vom 10.03.2006