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Lebenslange
Familien-Bande

Louise Bourgeois in der Kunsthalle

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Louise Bourgeois hat im Verlauf ihrer nun 70 Jahre währenden künstlerischen Tätigkeit die Familie in den Mittelpunkt gestellt und sich regelrecht daran abgearbeitet. Die Kunsthalle Bielefeld widmet unter dem Titel »La famille« einer der bedeutendsten Bildhauerinnen der Gegenwart eine umfassende Themenretrospektive.

120 Hauptwerke der 1911 in Paris geboren und seit 1938 in New York lebenden Künstlerin ergeben ein eindringliches Gesamtbild einer Frau, die in ihrer Kunst ihr Innerstes nach außen kehrt. Familiäre Prägung als Auslöser für Ängste, Verletzungen und Schuldgefühle bilden von 1936 an und bis heute fortdauernd -Êdie jüngsten Arbeiten der Ausstellung stammen aus dem Jahr 2005 - den Antrieb und Ausgangspunkt ihrer Kunst, die weder vor freudianischen Klischees noch theatralischer Inszenierung zurückschreckt und gleichermaßen aufregend wie beklemmend wirkt.
Zu ihren frühesten Motiven gehört die Frau als Körper ohne Arme mit dem Haus auf dem Kopf. »Femme maison«, so der Titel, gemahnt in makaberem Exhibitionismus von einer Art Zwangsmatriarchat, in welches sich die Künstlerin in ihren frühen Ehejahren gesperrt sah. In den 40er Jahren wendet sich Bourgoise von der Malerei ab und der Bildhauerei zu. In ihren Skulpturen werden die Familienmitglieder wie Pflöcke am Boden aufgestellt. »Als Personnages«, wie Bourgeois sie nennt, verharren sie stumm und gelähmt im Raum.
Mit »Destrction of the Father«, einem von Stoff umhüllten, mit Latex überzogenen Altar geht sie 1974 auf drastische Weise ihrem Verhältnis zu ihrem dominanten Vater nach. Von den 80er Jahren an entstehen die »Cells«, große metallische Käfige, in denen weitere Facetten ihres Lebens und nicht zuletzt die Albträume ihrer Kindheit dargestellt werden.
Natürlich kommt eine Ausstellung wie diese nicht ohne eine von Bourgeois' Spinnen aus, die spätestens seit dem riesigen Exemplar, mit dem sie die Tate Modern in London ausstattete, zum Markenzeichen ihres späten Ruhms geworden sind. Ein eindrucksvolles Exemplar empfängt den Besucher gleich in der Eingangshalle.
Die Ausstellung wird am Sonntag, 12. März, um 11.30 Uhr eröffnet. Sie läuft bis zum 5. Juni und kann täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, mittwochs von 11 bis 21 Uhr und samstags von 10 bis 18 Uhr besichtigt werden.

Artikel vom 10.03.2006