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Teheran warnt vor Sanktionen

Erste Beratungen der Vetomächte - Russland setzt weiter auf den Dialog

New York/Teheran (dpa). Angesichts bevorstehender Beratungen im Weltsicherheitsrat über den Atomstreit mit dem Iran hat Teheran vor Strafmaßnahmen gewarnt.

Mögliche Sanktionen würden den Westen härter treffen als den Iran selbst, wiederholte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschat gestern seine Warnungen. Die fünf Vetomächte im Sicherheitsrat waren schon am Abend zuvor zu ersten informellen Beratungen über das Thema zusammengekommen. Bereits Anfang kommender Woche wird mit einer Erklärung aller 15 Sicherheitsratsmitglieder zum Bericht der Atomenergieorganisation IAEO über das umstrittene iranische Atomprogramm gerechnet.
Teheran will sich dem zunehmenden internationalen Druck jedoch nicht beugen. Ahmadinedschad erklärte, sein Land werde keinerlei »Demütigung« hinnehmen und mit der Urananreicherung zu Forschungszwecken fortfahren. »Uns war klar, dass wir auf unserem Weg zum Fortschritt auf solche Hürden stoßen würden. Uns war auch klar, dass es keinen anderen Weg als den des Widerstands gegeben wird«, sagte der Präsident. Der Westen sei aber im Falle von Sanktionen verletzlicher als der Iran. In den vergangenen Tagen hatte der Iran auch den Einsatz der Ölwaffe nicht ausgeschlossen.
Nach den ersten informellen Beratungen der Vetomächte liegt es an dem Präsidenten des Sicherheitsrats, das Thema auf die Tagesordnung des höchsten UN-Gremiums zu setzen. Erwartet wird vorerst lediglich eine gemeinsame Erklärung, die den Iran zur vollen Kooperation mit der Atomenergieorganisation aufzufordert. Russlands Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte noch einmal, dass Moskau Sanktionen und militärische Aktionen gegen Teheran nach wie vor ablehnt. Russland ziehe Lösungen vor, die die Fortsetzung des Dialogs mit Teheran erlauben.
Die Anrufung des UN-Sicherheitsrats bedeutet auch nach den Worten von Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) »nicht das Ende der Diplomatie«. Das Gegenteil sei richtig, sagte er in Berlin. Es gehe jetzt darum, den Bemühungen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zusätzliches Gewicht zu verleihen. »Wir sind und bleiben einer diplomatischen Lösung verpflichtet«, betonte Steinmeier.
Die US-Regierung kündigte an, im höchsten UN-Gremium zunächst eine so genannte Präsidentenerklärung erreichen zu wollen, in der die Forderungen des Sicherheitsrates an den Iran aufgelistetet würden. Sanktionen seien derzeit nicht im Gespräch, sagte Außenamtssprecher Sean McCormack. Großbritanniens UN-Botschafter Emyr Jones Parry sprach von einem Vorgehen der kleinen Schritte. Sein französischer Kollege Jean-Marc de Sablière unterstützt diesen Kurs in der Hoffnung, dass der Iran seine Haltung doch noch ändert.
Der Iran stellt nach Einschätzung von US-Außenministerin Condoleezza Rice möglicherweise die größte Bedrohung für die USA dar. Die Politik des Landes ziele auf einen Nahen Osten, »der sich um 180 Grad von dem Nahen Osten unterscheidet, dessen Entwicklung wir sehen möchten«, sagte Rice gestern.
Der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, wies Regierung und Volk gestern an, hart zu bleiben. »Wir werden uns (dem wachsenden internationalen Druck) widersetzen und unseren Weg des Fortschritts und Stolzes im Vertrauen auf Gott und die Weisheit fortsetzen«, zitierte das staatliche Fernsehen Chamenei. »Wenn wir jetzt nachgeben, werden die Europäer das nächste Mal mit neuen Vorwänden kommen, um uns unserer wissenschaftlichen Erfolge zu berauben«, fügte Chamenei hinzu, der in allen Staatsangelegenheiten das letzte Wort hat.
Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sieht die Lage im Atomkonflikt als »düster« an. »Ich habe den Eindruck, die USA wollen einen Krieg gegen Iran führen«, sagte der Vize-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion.

Artikel vom 10.03.2006