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Mit Fleiß und Köpfchen zum Profi

Golf: Julian Kunzenbachers Leistungsexplosion ist einmalig in Deutschland

Von Stephan Arend
Bielefeld (WB). Wie viele andere Jugendliche vor ihm legte Julian Kunzenbacher im März 2005 die Platzreifeprüfung auf der Anlage des Golfclubs Teutoburger Wald Halle ab. Die Leistungsexplosion des 13-Jährigen in den folgenden Monaten sorgte dann aber für Aufsehen und Erstaunen - und das nicht nur bei den Vereinsmitgliedern und den Trainern.

Julian Kunzenbacher startete mit einem Handicap von 54. Mittlerweile hat er diesen Wert auf 19,1 verbessert. Er liegt somit nur noch etwa einen Schlag pro Bahn über dem Durchschnittswert eines Profis. In ganz Deutschland schaffte kein anderer Spieler unter 18 Jahren innerhalb eines Jahres eine solche Steigerung. Der Lohn: Das heimische Talent gewann den bundesweiten Wettbewerb »Deutschland sucht den besten Handicap-Hunter 2005« und wird morgen im Bielefelder Golfhouse ausgezeichnet.
Der Golf-Virus hat den Schüler der Bielefelder Laborschule längst befallen. »Mein Ziel ist es, Profi zu werden und auf der European Tour zu spielen«, nennt der Siebtklässler seinen Berufswunsch und trainiert schon jetzt so hart und verbissen wie ein Profi. In den Schulferien bis zu 60 Stunden in der Woche. Egal, ob es stürmt, regnet oder schneit: Das Mindestpensum beträgt 25 Stunden. Direkt nach der Schule führt der Weg oft aufs Grün. Mehr als 500 Abschläge pro Tag sind keine Seltenheit, und manchmal macht Julian als Letzter das Licht aus. Die dafür nötigen Schlüssel hat er sich längst besorgt. »Oft muss man ihn regelrecht vom Platz zerren«, schmunzelt seine Mutter.
Julian Kunzenbacher ist fasziniert von einem Sport, den er erst vor gut einem Jahr entdeckte und der ganz schnell zu einem wichtigen Bestandteil seines Lebens geworden ist. Golf hat innerhalb kürzester Zeit Kart fahren und Fußball spielen in Julians Freizeit verdrängt: »Golf ist ein strategischer Sport. Man muss viel den Kopf einsetzen. Das gefällt mir.« Jeder Erfolg stachelt den Ehrgeiz noch weiter an. Das Ausnahmetalent gewann gleich das erste Turnier mit einem Traumergebnis. Noch mit seinem alten Kindersatz verbesserte er sein Handicap im Mai auf 30. Somit »verdiente« er sich sein Geburtstagsgeschenk, eine neue Ausrüstung, schon vor seinem Ehrentag - ein halbes Jahr früher als erwartet.
Im Golfclub Teutoburger Wald hat es Julian Kunzenbacher in nur einem Jahr von der zweiten in die erste Jugendmannschaft und von dort in den erweiterten Kader der ersten Herrenmannschaft geschafft. »Langfristig wird er bei uns im Club keine Konkurrenz mehr haben«, ist sich Ralf Berhorst sicher. Der Trainer verdiente früher selbst als Profi sein Geld auf der Tour und traut seinem Schützling eine ähnliche Karriere zu: »Ich habe schon viele talentierte Spieler kennengelernt. Aber so fleißig wie Julian trainiert vielleicht einer von 1000 Jugendlichen.«
Berhorst weiß natürlich ganz genau, dass die Leistungssprünge mit zunehmendem Niveau kleiner werden. Für 2006 wird ein einstelliges Handicap angepeilt, das nächste Ziel wird es dann sein, Handicap 5 zu erreichen. Genauso wichtig wie präzise Abschläge und eine ruhige Hand beim Putten ist die körperliche Fitness und die Gesundheit. Um etwa einem Bandscheibenvorfall vorzubeugen, absolviert Julian Kunzenbacher demnächst spezielle Übungen im Gesundheitszentrum Saluto. Der Verein unterstützt ihn hier ebenso wie mit extra Trainerstunden. Ohnehin ist der Jahresbeitrag für Jugendliche günstig. Trainer Ralf Berhorst und Club-Präsident Udo Hardieck sind sich einig: »Wenn Julian weiterhin mit so viel Spielfreude und Fleiß am Ball bleibt, dann wird er es schaffen.«

Artikel vom 10.03.2006