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»Ich habe Graul privat bezahlt«

Calmunds spätes Bekenntnis - Spielerberater will Restsumme einklagen

Köln (WB/dpa). Die Finanz-Affäre um Reiner Calmund und Bayer 04 Leverkusen spitzt sich weiter zu. Jetzt gab der wegen dubioser Bargeldzahlung unter Untreue-Verdacht geratene frühere Bundesligamanager bekannt, dass er auf Geheiß der Bayer AG aus eigener Tasche zusätzlich 350 000 Euro an den Gütersloher Spielerberater Volker Graul gezahlt haben will.

Der 54-Jährige wies zudem den Verdacht zurück, dass das an Graul gezahlte Geld möglicherweise zur Manipulation des Bundesligaspiels der damals abstiegsbedrohten Leverkusener am 4. Mai 2003 gegen Arminia Bielefeld (3:1 für Bayer) verwandt wurde. Calmund empört: »Völliger Quatsch.« Hier hatte »Sport-Bild« gegen den damaligen Arminen Ansgar Brinkmann Vorwürfe erhoben, er hätte in dieser Partie absichtlich den Platzverweis provoziert. Brinkmanns Anwalt Mario Ermisch erwägt eine Klage gegen das Blatt.
Auch Graul wies Manipulations-Mutmaßungen energisch zurück: »Das Geld habe ich zweckgebunden für den Erwerb von Spieleroptionen verwendet.« In einer von seinen Anwälten Binder und Partner verbreiteten Erklärung bestätigte er den Erhalt der 350 000 Euro von Calmund, kündigte aber gleichzeitig an: Hier handele es sich nur um einen Teilbetrag. Seine Gesamtforderungen an den Verein Bayer Leverkusen beliefen sich auf 579 000 Euro, diese Summe will Graul jetzt einklagen lassen.
Bisher war nur bekannt gewesen, dass auf Veranlassung von Calmund an Graul für die Vermittlung von fünf Spieleroptionen im Juni 2003 580 000 Euro in bar ausgezahlt wurden.
Da Graul aber verlangte, dass auch die Steuern von den Leverkusenern übernommen werden müssen, bat ein bisher nicht genannter Verantwortlicher der Bayer AG Calmund telefonisch, den Betrag von 350 000 Euro vorzustrecken. »Bayer wollte diesen Steuerausgleich nicht direkt zahlen. Da bat man mich: 'Gib du ihm das Geld'«, berichtete Calmund. Der Ex-Manager lieh sich die Summe beim Schweizer Vermögensberater Greinemann und zahlte im Juli 2004 das Geld an Graul, der damit seine Steuer-Nachforderung an Leverkusen erfüllt sah.
ÊIm November 2004 teilte Bayer Calmund dann mit, dass diese Angelegenheit seine Privatsache sei. »Das hat mich meine Abfindung und ein Jahresgehalt gekostet«, erklärte Calmund. Und er nutzte die Gelegenheit zur Darstellung seiner Finanzverhältnisse: »Wenn ich keinen Fernsehjob gehabt hätte, hätte man mir das Wasser abgestellt und die Mäuse hätten in meinem Kühlschrank Klimmzüge gemacht.« Und er drückte weiter auf die Tränendrüse: »27 Jahre war ich bei Bayer, zwei Ehen sind gescheitert, ich habe meine Kinder fast nie gesehen. Der Verein war mein Leben.« Auf einen Rechtsstreit mit dem alten Arbeitgeber verzichtet Calmund - mangels Erfolgschancen.
Auf Anraten seines Rechtsanwalt Stefan Seitz ist Calmund in die Offensive gegangen. Dazu gehört auch die Offenlegung der Spieleroptions-Geschäfte von Graul für Bayer 04 im Jahr 2003. Namen will Calmund aber nicht nennen: »Ich werde diesen Ehrenkodex aber nicht so lange hochhalten wie Helmut Kohl und Beugehaft bei Wasser und Brot abwarten.« Nach seiner Aussage hat Graul die Provision für fünf Spieleroptionen bekommen. Graul habe danach noch drei weitere Optionen vermittelt - kostenlos.

Artikel vom 11.03.2006