09.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Geruchsbeweis
war unzulässig

OLG hebt Urteil gegen Sprüher auf

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Das Landgericht Bielefeld hat offenbar unzulässigerweise einen Geruchsspurenvergleich als Beweis gegen einen Graffiti-Sprüher verwendet. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden und die Verurteilung des Mannes aufgehoben.

Der Sprüher war ursprünglich vom Amtsgericht Bielefeld wegen Sachbeschädigung in 53 Fällen zu 16 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. In der Berufungsverhandlung hatte das Landgericht nur noch neun Monate Bewährungsstrafe wegen 23 Graffiti-Schmierereien gegen den Tatverdächtigen verhängt.
Die Richter hatten sich unter anderem auf einen Geruchsspurenvergleich gestützt, der von der Diensthundeführerschule in Schloß Holte-Stukenbrock durchgeführt worden war. Dabei hatte einer von drei Hunden eine Sprühdose, die an einem Tatort zurückgeblieben war, dem Verdächtigen zugeordnet. Das war vom Landgericht als belastendes Indiz gewertet worden - zu Unrecht, wie das OLG befand. »Denn nach einem Erlass des Landesjustizministers von 1991 gilt ein Verdächtiger nur dann als identifiziert, wenn drei Spezialhunde unabhängig voneinander zum selben Ergebnis gekommen sind«, schrieben die Hammer Richter. Es sei zu befürchten, dass sich die Bielefelder Kammer darüber nicht im Klaren gewesen sei.
Auch ein weiteres Sachverständigengutachten in diesem Fall bezeichnete das OLG als unzulässig. So hatten die Bielefelder Richter ins Urteil geschrieben, dass sich die Schmierereien des Angeklagten nur unter Verletzung der Gebäudesubstanz hatten entfernen lassen. Dabei beriefen sich die Richter auf das Gutachten eines Diplom-Ingenieurs und Chemikers des »Baustoff-Beratungszentrums Rheinland«.
Es stellte sich jedoch heraus, dass dieser Experte niemals die Graffiti des Angeklagten gesehen hatte. Sein im Prozess vom Richter verlesenes Gutachten stammte aus einer ganz anderen Verhandlung mit einem anderen Angeklagten und bezog sich auf dessen Schmierereien. »Dieses Gutachten besitzt für einen anderen Fall überhaupt keinen Beweiswert«, stellten die Hammer Richter fest und kritisierten zudem, dass dem Antrag des Verteidigers, ein eigenes Gutachten einholen zu dürfen, nicht stattgegeben worden war. Damit hätten dem Gericht überhaupt keine Informationen über die vom Angeklagten verwendete Farbe und die beschmierten Untergründe vorgelegen.
Der Prozess muss nun vor einer anderen Kammer des Landgerichts wiederholt werden.

Artikel vom 09.03.2006