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Meister der
Druckgraphik

Rembrandt-Radierungen in Corvey

Von Wolfgang Braun
Höxter (WB). Einen prominenten Part im Reigen der Ausstellungen zum 400. Geburtstag von Rembrandt van Rijn (1606 bis 1669) spielt die Schau »Rembrandt - ein Virtuose der Druckgrafik«, die vom 1. April an mit Radierungen des Meisters aus Beständen des Kupferstichkabinetts Berlin im Schloss Corvey gezeigt wird.

Der Reiz der Graphiken liegt in ihrer oft ungeheuren Dynamik: »Mit den Mitteln der schwarzweißen Linienkunst gelang es Rembrandt, Licht und Schatten, Plastizität und Körpervolumen, stoffliche Eigenschaften von Gegenständen und menschlicher Haut sowie Wetterstimmungen wiederzugeben«, umreißt Dr. Holm Bevers, stellvertretender Direktor des Berliner Kupferstichkabinetts, die Ausdrucksvielfalt des im holländischen Leiden als Müllersohn geborenen genialen Künstlers.
»Auf allen Gebieten überzeugen seine Arbeiten durch technische Meisterschaft und erzählerische Kraft«, so Bevers weiter, der Rembrandts Radierunge »als Höhepunkt in der Geschichte der Druckgraphik« betrachtet.
Sie dienten ihm nicht dazu, Themen seiner Gemälde zu vervielfältigen, sondern er nutzte sie zu einer vollkommen eigenständigen Form künstlerischen Ausdrucks. Dabei arbeitete er mit unterschiedlichen Stilmitteln: »Manche seiner Radierungen erscheinen durch das feine und differenzierte Strichbild wie kleine Gemälde, bei anderen Arbeiten mit lockerer skizzenhafter Linienführung fühlt man sich an Federzeichnungen erinnert«, sieht Bevers Ordnungsmuster.
Radierungen herstellen heißt, Kunst in Serie zu produzieren. Rembrandt, der die komplizierten Methoden der Bearbeitung der Druckplatten und des Druckens perfekt beherrschte, bemühte sich dagegen, jedem Blatt, etwa durch Verwendung unterschiedlicher - auch japanischer - Papiere oder durch verschieden sattes Einschwärzen der Druckplatten, Individualität zu verleihen.
Das Kupferstichkabinett Berlin, aus dessen Fundus heraus die Ausstellung gestaltet wird, besitzt weltweit eine der besten Sammlung von Radierungen des Niederländers. Mit etwa 300 Arbeiten ist sie nahezu vollständig. In Corvey ausgestellt wird auch das nach seinem Preis so genannte »Hundertguldenblatt« oder die weltbekannten Radierungen »Drei Kreuze« und »Ecce Homo«. 120 Arbeiten aller Schaffensperioden und Themen - weltliche und sakrale - sind in der ehemaligen Reichsabtei zu sehen.
»Das Hundertguldenblatt«, das den predigenden und heilenden Christus zeigt, ist auch Thema einer »musikalischen Bildreflexion« des in Marienmünster lebenden Komponisten Werner Steffens (71). Auftraggeber sind der Kulturkreis Corvey und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Das Werk »Erleuchtetes Dunkel« wird am 21. Mai in Corvey uraufgeführt. Wenn die Schau »Rembrandt - Virtuose der Druckgraphik« dann am 4. August in Berlin eröffnet wird, wird es auch in der Hauptstadt zu hören sein.

Artikel vom 09.03.2006