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Polizei vermutet einen Einbrecher als Mörder

Mutmaßliche Diebesbande vor Landgericht: Leiche im Kanal nach Mafiamanier versenkt

Bielefeld/Bad Oeynhausen (uko). Drei mutmaßliche Bandeneinbrecher sitzen seit gestern auf der Anklagebank des Bielefelder Landgerichts. Die »Mordkommission Kanal« der Bielefelder Kripo indes vermutet in einem dieser Männer sogar einen Mörder: Haupttäter Carsten B. (41) aus Bad Oeynhausen steht im Verdacht, einen Komplizen erschossen zu haben.

Die Leiche des 28-jährigen Kaufmanns Carsten G. (28) war am 15. August 2005 im Weserseitenkanal bei Peterhagen entdeckt worden. Der Mann war mit zwei Kopfdurchschüssen getötet und dann mit Eisenstangen in Maschendraht gewickelt worden. Der oder die Täter hatte(n) das Opfer nach Mafiamanier dauerhaft verschwinden lassen wollen.
Die Ermittlungen der »Mordkommission Kanal« um Umfeld des bei der Autovermietung Sixt in Minden angestellten G. führten in den folgenden Wochen zu einer Gruppe von Männern, die im dubios-halbseidenen Milieu in Bielefeld angesiedelt ist. Ralf Östermann, Leiter der MK, bestätigte gestern, man habe 800 Spuren untersucht; insgesamt sind in dem mystiösen Fall mehr als 1200 Personen als Zeugen vernommen worden.
Die zweigleisigen Ermittlungen führten jedenfalls Mitte November 2005 zum Auffinden des Fahrzeugs des Getöteten: Der Dienst-Audi A3 des Carsten G. wurde bei Landesbergen in der Weser entdeckt.
Überdies kristallisierte sich heraus, daß der zunächst als unbescholten geltende Carsten G. offensichtlich das Mitglied einer Einbrecherbande war. Diesen sicheren Schluß lassen Einbruchsutensilien zu, die bei G. gefunden wurden. Weitere Verbindungen führten dann zu den Männern, die sich seit gestern vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten müssen. Der Bad Oeynhausener Carsten B. (41) gilt als führendes Mitglied der Bande, er soll an allen elf angeklagten Einbruchsdiebstählen beteiligt gewesen sein. Carsten B. ist auch weiterhin inhaftiert. Der Bielefelder Johannes B. (43) soll Mittäter an vier Einbrüchen gewesen sein.
Eine besondere Rolle im Prozeß kommt dem jüngsten Angeklagten zu: Der Mindener Sascha W. ist erst 20 Jahre alt, und deshalb wird der Fall vor der Jugendkammer des Landgerichts verhandelt. Weitgehende Ermittlungen und die Anklage basieren auf den Aussagen des Mindeners, der die Beteiligung an zehn Einbrüchen gestanden hat. Er hatte im Vorfeld des Prozesses auch Carsten B. als Haupttäter belastet. Sascha W. ist indes auch der Halbbruder des getöteten Carsten G., und deshalb kommt seiner Aussage eine besondere Bedeutung und Beweiskraft zu.
Seine Mitangeklagten haben bisher die Beteiligung an den Diebstählen - die Beute bestand als Möbeln, Gartenmöbeln, Baumaterialien, Motorsägen, Navigationsgeräten, Reifen und Autozubehör sowie Elektroartikeln - vehement bestritten. B. und B. schieben die Schuld allein auf das Halbbruderpaar.
Interessierter Beobachter war daher schon am ersten Verhandlungstag der Leiter der »Mordkommission Kanal«, Ralf Östermann. Nicht nur bei der Kriminallpolizei nämlich ist der mutmaßliche Haupttäter Carsten B. kein Unbekannter: Der Mann ist wegen eines Schwerverbrechens mit fünf Jahren und vier Monaten Haft vorbestraft, weil er im Rheinland als Soldat einen Überfall auf ein Waffendepot der Bundeswehr verübte. Die seinerzeit erbeuteten Waffen wurden allerdings nie gefunden.

Artikel vom 08.03.2006