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Weichmacher
in Arzneien

Bundesinstitut sieht keine Gefahren

Bonn/Berlin (dpa). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht bei Medikamenten mit dem Hilfsstoff Dibutylphthalat (DBP) keine akute gesundheitliche Gefährdung oder Risiken für Ungeborene.
Prof. Reinhard Kurth warnt vor Patienten-Verunsicherung.

Auch schwangere Frauen sollten sich nicht von aktuellen Medienberichten zu neuen Studienergebnissen verunsichern lassen. »Die von Schwangeren mit einigen Arzneimitteln eingenommenen Mengen DBP sind so gering, dass eine Schädigung von Neugeborenen unwahrscheinlich ist«, teilte das Institut gestern in Bonn mit. DBP wird in Arzneimitteln als Weichmacher in Kapselhüllen oder in Tablettenüberzügen verwendet.
Die neuen Studiendaten weisen laut Institut zwar auf eine deutliche Überschreitung der Grenzwerte hin, wenn DBP-haltige Arzneimittel wie empfohlen eingenommen werden. Die von den Versuchspersonen eingenommenen Mengen DBP seien aber immer noch deutlich niedriger gewesen, als die, die in Tierversuchen einen biologischen Effekt auslösten.
Dibutylphthalat war von der EU als »fortpflanzungsgefährdend« eingestuft und zusammen mit anderen Phthalaten in Spielzeug, Babyartikeln und Kosmetika bereits verboten worden. Bei Medikamenten ermöglicht Dibutylphthalat laut BfArM eine Freisetzung von Wirkstoffen im Magen-Darm-Trakt oder sorgt für eine ausreichende Haltbarkeit.
Eine Verunsicherung von Patienten, die DBP-haltige Arzneimittel einnähmen, sei nicht gerechtfertigt, betonte BfArM-Leiter Prof. Reinhard Kurth. »Sollte sich aus den neuen Studienergebnissen tatsächlich eine andere europaweite Bewertung von DBP in Arzneimitteln ergeben, hat das BfArM die Möglichkeit, den Austausch gegen andere gleichwertige Hilfsstoffe einzuleiten.«
Über eine mögliche Frucht schädigende Wirkung von DBP liegen laut BfArM Ergebnisse aus Tierversuchen vor, aus denen ein Grenzwert für eine unbedenkliche lebenslange Einnahme von DBP abgeleitet wurde. Dieser liege in der EU für Gebrauchsgegenstände bei 100 Mikrogramm/kg Körpergewicht und Tag und sei 2005 für Lebensmittel auf zehn Mikrogramm/kg Körpergewicht und Tag neu festgesetzt worden.
Eine Studie des Magazins »Plusminus« über die gestern Abend im der ARD berichtet wurde, ergab nach Mitteilung des Westdeutschen Rundfunks (WDR), dass in einigen Mitteln - auch in solchen für Schwangere - der Grenzwert der Europäischen Lebensmittelbehörde für die Langzeiteinnahme von DBP um bis zu 63 Mal überschritten wurde.
Dem Bundesinstitut, das für die Risikoüberwachung bei Arzneimitteln zuständig ist, wurde nach eigenen Angaben die Studie nicht vorgelegt.

Artikel vom 08.03.2006