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Sozialdrama
von Detlev Buck

»Knallhart« nicht ohne Witz


»Du Opfer« ist in dieser Welt das schlimmste Schimpfwort. Der 15 Jahre alte Polischka, den es mit seiner Mutter vom Villenviertel Zehlendorf ins berüchtigte Berlin-Neukölln verschlägt, ist wehrlos. Türkische Jungs ziehen ihm die Schuhe ab, schlagen ihn brutal zusammen und zeigen ihm mit Handy-Filmchen, was mit anderen Opfern passiert. »Knallhart« ist und heißt das Sozialdrama von Regisseur Detlev Buck (»Wir können auch anders«), der damit nach zehn Jahren wieder mit einem Kinofilm überzeugt. »Knallhart« ist ein für Buck unerwartet drastischer Film, der bei der Berlinale Publikum und Kritiker begeisterte. Auf den trockenen Witz des norddeutschen Filmemachers muss man trotzdem nicht ganz verzichten.
Der aus 500 Bewerbern ausgewählte Hauptdarsteller David Kross als zarter Michael Polischka, der in eine Spirale aus Gewalt und Kriminalität gerät und vom Opfer zum Täter wird, hat ein starkes Debüt. Entdeckt hat ihn Bucks Tochter in Bargteheide bei Hamburg. Jenny Elvers-Elbertzhagen als alleinerziehende Mutter, der der Sohn entgleitet, bekam ebenfalls Lob; sie macht ihre Sache recht gut. Auch wenn noch keine Isabelle Huppert vom Himmel gefallen ist, dürfte sie sich damit endgültig von ihrem Image des Partygirls befreit haben.
Bucks Drama liegt mit seinem Stoff (nach einem Roman von Gregor Tessnow) auf der Höhe der Zeit und passt zur Diskussion um so genannte Ehrenmorde, Deutschpflicht auf Schulhöfen und islamkritische Karikaturen. In Neukölln, einem Schmelztiegel der Nationen, ist der Traum vom Multikulti-Idyll geplatzt - so sieht es zumindest der Film.

Artikel vom 09.03.2006