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Gesetzliche Rente reicht nicht

Müntefering will Pläne zur Beschäftigung Älterer im Sommer vorlegen

Berlin (Reuters/dpa). Bundesarbeitsminister Franz Müntefering will seine Pläne zur Beschäftigungsförderung von Älteren zum Abfedern der Rente ab 67 bis zum Sommer vorlegen. »Das komplette Programm wird man Mitte des Jahres kennen«, sagte der SPD-Politiker gestern bei der Vorstellung des Rentenversicherungsberichts.

Er mahnte, dass die gesetzliche Rente künftig zur Erhaltung des Lebensstandards im Alter nicht ausreichen werde. Dennoch wolle die große Koalition die staatlich geförderte private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente vorerst nicht zur Pflicht machen. Müntefering zufolge wird erst 2007 entschieden, wie eine 2008 erwartete Finanzlücke von 600 Millionen Euro in der Rentenversicherung geschlossen wird.
Scharfe Kritik an den Rentenplänen der Regierung kam von den Sozialverbänden. Der VdK warnte mit Blick auf die 20 Millionen Rentner: »Nullrunden werden sich an Nullrunden reihen.« Der Deutsche Caritasverband befürchtet eine Zunahme der Altersarmut. Die Arbeitgeber indes forderten, ausbleibende Rentenkürzungen nicht erst nach 2010 nachzuholen.
Die Bundesregierung billigte den von Müntefering vorgelegten Bericht zur Entwicklung der Rentenfinanzen. Demnach schließt die große Koalition eine Kürzung der Renten bis 2009 aus. Allerdings werden sie in den nächsten drei Jahren auch nicht steigen. Erst im Bundestagswahljahr 2009 ist eine geringe Anhebung vorgesehen. Ab dem Jahr 2012 sollen Rentenkürzungen nachgeholt werden, die wegen der schwachen Lohnentwicklung eigentlich in diesem und im kommenden Jahr fällig wären. Der Rentenbeitragssatz soll 2007 von 19,5 auf 19,9 Prozent steigen und erst ab 2013 wieder sinken.
Das Rentenniveau sinkt weiter. Die Bruttorenten verringern sich von 53 Prozent des Einkommens eines durchschnittlichen Arbeitnehmers vor Steuern im Jahr 2005 auf nur noch 46,3 Prozent im Jahr 2019. Mit dem Rentenversicherungsbericht bekräftigt die Regierung zudem die Absicht, vom Jahr 2012 bis 2029 die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Rente schrittweise von 65 auf 67 Jahre anzuheben. Seine »Initiative 50 plus« und die schrittweise Heraufsetzung der Rentenaltersgrenze würden bis Mitte des Jahres in Gesetzesform konkretisiert, kündigte Müntefering an. Beschlossen würden die Gesetze in der zweiten Jahreshälfte oder Anfang kommenden Jahres. Er wolle mit der »Initiative 50 plus« erreichen, dass die Menschen länger im Erwerbsleben blieben. »Die Attraktivität der Frühverrentung wird deutlich reduziert, und wir geben zusätzliche Impulse für die, die schon draußen sind.« Zudem solle geprüft werden, wieweit ein Kombilohn und Beschäftigungsgesellschaften hilfreich sein könnten.
Die private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente soll laut Müntefering keine Pflicht werden: »Wir haben keine Absicht, das zwingend zu machen.« Allerdings deute sich gerade im unteren Einkommensbereich an, dass die staatlich geförderte Privatvorsorge nicht ausreichend genutzt werde. Dort müsse man prüfen, wie die Betroffenen stärker einbezogen werden könnten. Auf Nachfragen wollte Müntefering aber auch nicht ausschließen, dass die Riester-Rente doch obligatorisch wird. Er verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem für 2007 eine Entscheidung anvisiert ist.
Eine Pflicht zur Riester-Rente sei »im Moment auch nicht beabsichtigt«. Die 2008 bei der Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersvorsorge auslaufende Befreiung von Sozialbeiträgen wird voraussichtlich nicht verlängert. Es seien an ihn noch keine anders lautenden Vorschläge herangetragen worden, sagte der Minister.
Bundesbank-Präsident Axel Weber sagte, die Rente ab 67 sei positiv, reiche zur Sanierung des Rentensystems aber nicht aus. FDP und Grüne kritisierten, die Regierung lege im Rentenbericht zu optimistische Annahmen zur Lohnentwicklung zu Grunde. Auch der Sozialbeirat der Bundesregierung sprach von sehr ambitionierten Grundannahmen.

Artikel vom 09.03.2006