07.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Bayer hat doch die Steuern bezahlt«

Finanzaffäre um Leverkusen: Grauls Anwalt spricht von Demontage

Von Wolfgang Wotke
Bielefeld (WB). Nicht nur Reiner Calmund droht nach den dubiosen Bargeld-Transaktionen in seiner Zeit als Manager bei Fußball-Bundesligist Bayer Leverkusen ein juristisches Nachspiel, sondern auch dem Gütersloher Spielervermittler und Ex-Arminen-Kicker Volker Graul. Die Bielefelder Kripo bestätigte gestern Ermittlungen gegen Calmund wie gegen Graul.

»Wir ermitteln gegen Reiner Calmund wegen Untreue und gegen Volker Graul wegen Beihilfe zur Untreue«, erklärte Karl-Heinz Wallmeier, erster Kriminalhauptkommissar in Bielefeld. Wallmeier, der als »Balsam-Jäger« vor zwölf Jahren bekannt wurde und damals einen der größten Wirtschaftsskandale der Bundesrepublik aufdeckte, ist in diesem Fall federführend. Wallmeier sagte dieser Zeitung, dass eine Anzeige, die nicht anonym gewesen sei, im Januar zu seinen Ermittlungen geführt habe. In dieser Woche sollen noch zwei Zeugen vernommen werden, dann wolle er den Fall umgehend an die Staatsanwaltschaft Köln abgeben. »Dort liegt auch der Schwerpunkt.« Ob es sich bei den Zeugen um Calmund und Graul handele, wollte der Kripomann nicht bestätigen: »Kein Kommentar.«
Gestern hat sich Volker Graul über seinen Anwalt noch einmal zu Wort gemeldet. Dr. Detlef Binder, einer der bekanntesten Strafverteidiger aus Bielefeld, erklärte, dass sein Mandant über die Vorwürfe maßlos erstaunt sei. Binder: »Wir wurden vor einer Woche mit den Anschuldigungen zum ersten Mal durch den ÝSpiegelÜ konfrontiert. Zum Teil sind die Vorhaltungen richtig, zum Teil falsch.« Der 53-jährige Kaufmann Graul aus Borgholzhausen, der sich zurzeit geschäftlich auf Mallorca befindet (Binder: »Der bleibt da wohl länger«), halte diese Finanzaffäre für gesteuert. »Die Zentrale befindet sich in Leverkusen und die plötzlichen Unterstellungen dienen letztendlich nur dazu, Calmund zu demontieren«, meint Detlef Binder. Er nehme an, dass irgendjemand in Leverkusen stark unter Druck geraten sei und nun die Flucht nach vorne antrete.
Graul habe ihm mitgeteilt, dass man als Spielervermittler eine große Diskretion an den Tag legen müsse. »Wenn Volker Graul die Geschäfte öffentlich macht, dann hat er in seinem Beruf nichts mehr zu suchen. Solche Transfers sind äußerst sensibel.« Bayer Leverkusen habe von allen Geschäften zwischen ihm und dem Club gewusst. Und Binder fragt: »Warum hat Leverkusen dann später noch die Steuern für das 580 000-Euro-Geschäft bezahlt? Das ist doch der beste Beweis für die Kenntnisse im Bayer-Verein.«

Artikel vom 07.03.2006