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Corvey - Ein Kulturerbe dieser Welt

Antrag an UNESCO

Von Wolfgang Braun
»Corvey von innen heraus erneuern«: Diese Strategie verfolgt der Kulturkreis Höxter-Corvey im Bemühen um die UNESCO-Anerkennung als Weltkulturerbe.

Etwa 20 Wissenschaftler arbeiten derzeit daran, den Antrag, der gegen Ende des Jahrzehnts gestellt werden soll, vorzubereiten. »Diese Anstrengungen dienen aber gleichzeitig dazu, den Leuchtturmcharakter, den Corvey hatte und hat, schärfer herauszuarbeiten«, erläutert Stephan Barthelmess, Geschäftsführer des Kulturkreises Höxter-Corvey.
Erste Ergebnisse werden in diesem Jahr in der Vortragsreihe »Focus-Corvey« vorgestellt. So werden neueste Forschungen zu der Gründung des Benediktiner-Klosters unter Ludwig dem Frommen - urkundlich für 822 belegt - präsentiert. Auch wird die Überführung der Reliquien des Hl. Vitus im Jahre 836 von St. Denis bei Paris nach Höxter erörtert. Erhalten geblieben vom mittelalterlichen Kloster, das im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde, ist das karolingische Westwerk als eine Art Hofkirche. »Es ist wohl das besterhaltene Bauwerk dieser Art in Europa«, so Barthelmess.
Die Hoffnung auf Zuerkennung des touristisch gut zu vermarktenden Weltkulturerbe-Etiketts wird nicht zuletzt auch aus der Einmaligkeit dieses Baudenkmals gespeist. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde dessen karolingischer Kern eingehender erforscht und festgestellt, dass dieser Eingangsbereich der Abteikirche farbenprächtig mit Ornamentik und Figurenmalerei ausgestaltet war.
Ein weiterer Schwerpunkt des Weltkulturerbeantrags wird die bedeutende Rolle sein, die das Kloster im Mittelalter spielte: Denn es war nicht nur Ausgangspunkt für die Mission Norddeutschlands, Dänemarks und Schwedens. Die Mönche betrieben auch eine bedeutende Schreibwerkstatt, ein Skriptorium.
Die älteste noch erhaltene mittelalterliche Handschrift der »Annales« des Tacitus (55 bis 120 n. Chr.) wurde hier gefertigt. Unter anderem berichtet sie über die verheerende Niederlage der Römer in der Hermannsschlacht 9 n. Chr.
Die Pergamentrollen waren 1507 einem »Handschriftenjäger« zum Opfer gefallen, der sich im Kloster einquartiert hatte. Papst Leo X., der sie für 500 Golddukaten aufkaufte, gewährte dem Kloster als Entschädigung für die Diebesbeute ewigen Ablass. Die höchst wertvollen Handschriften liegen jetzt in der Biblioteca Medicea Laurentiana in Florenz.
2009 werden die Dokumente als ein Beitrag Corveys zu dem Reigen der 2000-Jahr-Feierlichkeiten der Hermannsschlacht in einer Ausstellung gezeigt.

Artikel vom 15.03.2006