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Kassenpillen bald kostenlos

Bei preiswerten Medikamenten sparen Patienten die Zuzahlung

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Patienten, denen vom Arzt besonders preiswerte Medikamente verschrieben werden, sind in Zukunft von der Zuzahlung in der Apotheke befreit. Diese Regelung sieht das neue Arzneimittelspargesetz vor, das zum 1. April in Kraft treten soll.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen bereits aufgefordert, die neuen Festbetragsregelungen unverzüglich umzusetzen. »Die Kassen sind jetzt am Zuge, auch einmal etwas Gutes für die Patienten zu tun«, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl.
Verschreibt der Arzt ein Medikament, das weniger als 30 Prozent des Festbetrages der jeweiligen Arznei kostet, entfalle die Zuzahlung in der Apotheke, sagte der Sprecher der AOK Westfalen-Lippe, Karl Josef Steden, dieser Zeitung. Derzeit beträgt die Zuzahlung zehn Prozent des Medikamentenpreises, mindestens aber fünf Euro, höchstes zehn Euro.
Es müsse jetzt eine praktikable Lösung gefunden werden, die neue Regelung umzusetzen, sagte Steden. Die Entscheidung, ob die Zuzahlung entfalle, müsse entweder in der Arztpraxis oder in der Apotheke fallen. Es dürften für die Ärzte aber keine neuen bürokratischen Hürden aufgebaut werden. Ob das neue Gesetz bereits am 1. April in Kraft trete, sei fraglich, da der Bundesrat vermutlich am Freitag den Vermittlungsausschuss anrufen werde, sagte Steden. Der Bundestag hatte dem Gesetz bereits zugestimmt. Der Wegfall der Zuzahlung sei ein Anreiz für Patienten, auf eine sparsame Verordnung von Medikamenten zu achten, betonte die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, Ruth Bahners.
Das neue Arzneimittelspargesetz sieht bei der Verschreibung von Arzneien auch eine Bonus-Malus-Regelung für Ärzte vor, die zum 1. Januar 2007 in Kraft treten soll. Eine solche Regelung könne dazu führen, dass Ärzte, die trotz günstiger Alternativen teuere Arzneimittel verordnen, an den Mehrkosten durch Honorarabzüge beteiligt werden, sagte Klaus Dercks von der KV Westfalen-Lippe. Als Alternative seien Arzneimittelvereinbarungen möglich, die die KVen mit den Krankenkassen treffen könnten.
Die KV Westfalen-Lippe und die KV Nordrhein haben diese Vereinbarung bereits getroffen und sogenannte Leitsubstanzen für die Behandlung verschiedener Krankheiten festgelegt. Es handele sich um die jeweils am besten erprobten Arzneimittel, mit denen der Arzt seine Patienten gut, kostengünstig und ohne Angst vor Regressforderungen therapieren könne. Somit seien Einsparungen möglich, ohne dass es zu Qualitätsverlusten komme.
In Nordrhein wurde für 2006 ein Verordnungsvolumen von 2,68 Milliarden Euro festgelegt, 500 Millionen Euro mehr als 2005. In Westfalen-Lippe beträgt das Volumen 2,4 Milliarden Euro. Dercks: »Es sollen aber 100 Millionen Euro eingespart werden, um den Betrag von 2005 zu halten.« Nach den bisherigen Berechnungen haben sich die Ärzte in NRW im Jahr 2005 an das Verordnungsvolumen gehalten, so dass es zu keinen Regressforderungen kommt. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 07.03.2006