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Paul-Gerhardt-Kirche nicht verkaufen

Verwaltungsgericht soll Verhandlungen mit Jüdischer Kultusgemeinde stoppen

Bielefeld (mm). Die evangelische Paul-Gerhardt-Gemeinde will den Verkauf der Kirche an die jüdische Kultusgemeinde verhindern. Ein gestern eingereichter Antrag an das Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche von Westfalen hat zum Ziel, per einstweiliger Anordnung die laufenden Verkaufsverhandlungen sofort zu stoppen.

Der frühere Kirchmeister der Paul-Gerhardt-Gemeinde, Hermann E. Geller, begründet den Antrag mit »gravierenden Verletzungen der Fusionsvereinbarung« durch die Bevollmächtigten der Neustädter Mariengemeinde. Im vorigen Jahr waren Paul-Gerhardt und Neustädter Marien zusammengelegt worden.
Im Protokoll zur Gemeindefusion vom 7. September 2004 heiße es ausdrücklich, dass Standort und Funktion der Paul-Gerhardt-Kirche »selbstverständlich nicht in Frage gestellt und so lange wie möglich gehalten wird«, erklärt Geller. Diese Protokollaussage sei sinngemäß in der Versammlung der beiden fusionierten Gemeinden im Januar dieses Jahres noch einmal mit absoluter Stimmenmehrheit der Anwesenden bestätigt worden: »Die Gemeindeversammlung hat dabei zur Kenntnis genommen, dass zum Erhalt der Paul-Gerhardt-Kirche bereits Spendenzusagen in Höhe von 25 000 Euro jährlich vorliegen.«
Trotz des Mehrheitsvotums der Versammlung gegen den Verkauf habe die Neustädter Marienkirchengemeinde Gespräche mit der Jüdischen Kultusgemeinde aufgenommen, heißt es in der Klageschrift. Weil auch alle weiteren Versuche, die Einhaltung der Fusionsvereinbarung ohne gerichtliche Hilfe zu erreichen, gescheitert seien, bleibe dem Bezirk Paul- Gerhardt nur der juristische Weg.
Dem Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche von Westfalen, das nach Bedarf tagt, gehören zwei Berufsrichter und eine Theologin an. Hermann E. Geller rechnet mit einer Entscheidung in den nächsten Wochen. Sollte der Antrag abgelehnt werden, bliebe der Gang vor das Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Wie das WESTFALEN-BLATT berichtete, möchte die Jüdische Kultusgemeinde noch in diesem Jahr zu einem Abschluss der Verhandlungen über die Umwandlung der Paul-Gerhardt-Kirche in eine Synagoge kommen. Der Kaufpreis soll im sechsstelligen Bereich liegen. Der Kirchenkreis Bielefeld unterstützt wegen der schwierigen finanziellen Lage der Gemeinden die Verkaufspläne.
Hermann E. Geller ist indes zuversichtlich, dass die laufenden Kosten aufgebracht werden können. Er verweist darauf, dass die Spenden in Höhe von 25 000 Euro, die die laufenden Ausgaben decken würden, innerhalb von nur einer Woche zugesagt worden seien. Der Kirchmeister a. D.: »Wir sind eine lebendige Gemeinde und wollen Gotteshaus und Gemeindezentrum erhalten.«

Artikel vom 08.03.2006