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Das Land ist stolz auf seine Elf

WM-Paten im WESTFALEN-BLATT: Miranda Jose Garcia, ein Angolaner in Warburg

Von Ingo Schmitz
und Harald Iding (Foto)
Warburg (WB). Miranda Jose Garcia juckt es förmlich im Fuß, als er mit dem Lederball in der Hand und mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht für den WESTFALEN-BLATT-Fotografen posiert. Gerne würde er jetzt auf ein Tor zudribbeln und das Runde in das Eckige befördern - so wie damals, als er auf den Straßen von Luanda, als dort noch der Bürgerkrieg wütete, mit seinen Kumpels beim Spielen um die Wette rannte. Doch das ist lange her.

Luanda (2,8 Millionen Einwohner) ist die Hauptstadt von Angola. Hier ist der 36-jährige Schwarzafrikaner aufgewachsen. Noch heute leben seine Eltern und seine sieben Geschwister dort. Garcia kam in den Zeiten des Bürgerkriegs als 21-Jähriger alleine nach Deutschland - aus Angst vor dem Krieg und den drastischen Folgen, wenn er sich geweigert hätte, Soldat zu werden. Seit 15 Jahren lebt er nun hier - ohne eine Perspektive auf eine gesicherte Zukunft. Nach wie vor wird er nur »geduldet«, wie es im Amtsdeutsch heißt.
In einer Flüchtlingsunterkunft bei Warburg (Kreis Höxter) ist der Alleinstehende untergebracht. Er hilft, wo er kann und ist stets der Erste, wenn es darum geht, gemeinnützige Arbeiten auszuführen, berichtet sein Betreuer Ibrahim Aslan, Mitarbeiter im Migrationsdienst des Caritasverbandes. Garcias Traum von einem »richtigen« Job, um eine eigene Wohnung finanzieren zu können, hat sich für den Arbeitswilligen bisher aber nicht erfüllt.
In der ehemaligen Kaserne bei Warburg wird er das Fußballfest des Jahres vor dem Fernseher miterleben - zusammen mit Menschen aus 20 weiteren Nationen, die hier alle unter einem Dach leben. Manches Spiel wird er aber auch bei seiner Freundin Steffi (26) verfolgen. »Ich liebe Fußball - und sie auch!«, erklärt er mit leuchtenden Augen.
Die Menschen in Angola seien stolz darauf, dass ihr Land zum ersten Mal bei einer Fußball-WM mitmischt. Und das, obwohl in dem Land eigentlich Basketball weitaus populärer sei, berichtet der 36-Jährige.
Miranda Jose Garcia hat es der Fußball angetan. Bei einer Fernsehübertragung ist er mit Leib und Seele dabei. »Wenn meine Lieblingsmannschaft verliert, kann mir das den ganzen Tag verderben«, sagt der sportbegeisterte junge Mann, der neben seiner Muttersprache Portugiesisch auch Deutsch, Französisch und Englisch beherrscht. Daher wird er auch häufiger als Dolmetscher eingesetzt. Für ihn kam Angolas erste WM-Qualifikation absolut überraschend. »Damit habe ich nicht gerechnet«, stellt er fest und kann sich dabei ein Lachen nicht verkneifen. »Was können die Angolaner bei der WM schon ausrichten? Okay, sie spielen nicht schlecht. Ihre Technik ist in Ordnung. Aber um weiter zu kommen, muss man mehr drauf haben. Die Angolaner sind lebenslustige Menschen, im Fußball fehlt ihnen aber der Kampfgeist«, sagt der 36-Jährige.
Er schwärmt für die brasilianische Nationalmannschaft: »Was diese Spieler zeigen, ist mehr als Fußball. Ich mag ihren Stil, wie sie mit dem Ball über das Spielfeld tanzen.« Den Angolanern räumt Garcia hingegen kaum Chancen ein: »Die schaffen es nie über die erste Runde hinaus.« Er tippt, dass Angola gegen Portugal mit 1:2 und gegen Mexiko mit 0:1 verlieren wird. Gegen Iran wird es seiner Ansicht nach ein Unentschieden (0:0) geben.
Trotz der jüngsten Italien-Schlappe glaubt Miranda Jose Garcia daran, dass die Deutschen den begehrten Fußballthron erobern können oder es zumindest bis ins Finale schaffen. »Die WM findet im eigenen Land statt. Die jungen Spieler werden sehr motiviert sein und außerdem: Die Deutschen haben irgendwie immer Glück!«
Lesen Sie morgen Folge 2 unserer Serie »WM-Paten im WESTFALEN-BLATT«: Christina Hodde, eine Mexikanerin in Rahden

Artikel vom 08.03.2006