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»Tägliche Information ist ein unschätzbares Gut«

Im Gespräch: Michael Best, Geschäftsführer der WESTFALEN-BLATT-Unternehmensgruppe

Pressefreiheit, das ist der Garant für funktionierende Demokratie: Das sagt WESTFALEN-BLATT-Geschäftsführer Michael Best im Interview zum Jubiläum des von ihm geführten Zeitungshauses.
60 Jahre WESTFALEN-BLATT - das ist nicht selbstverständlich. Gibt es einen roten Faden von den Anfängen bis heute? Best: Das Geheimnis ist bei den Gründern des WESTFALEN-BLATTES und den damaligen Führungskräften zu suchen. Ganz besonders ist hier der Verleger Carl-Wilhelm Busse zu erwähnen, der den Grundstein für den heutigen Erfolg gelegt hat.
Seine Wertvorstellungen sind noch heute Maßstab für unsere Arbeit.

Carl-Wilhelm Busse ist und bleibt Orientierung und Kompass ?
Best: Das Erbe von Carl-Wilhelm Busse setzen wir konsequent fort. Seine Richtlinien zur redaktionellen Arbeit sind und bleiben Bestandteil für die Inhalte unserer Ausgaben.

Die langen historischen Linien sind Tradition, kurze dagegen Trends. Wie viel Trend ist angebracht, ohne den Kurs zu verlieren?
Best: Viele Trends sind nur sehr kurzlebig und verschwinden wieder. Traditionen bleiben erhalten. Wenn man diese richtig umsetzt, wird das Ganze nicht verwischt und bleibt unverwechselbar.

Das Thema dieser Sonderbeilage lautet »60 Jahre WESTFALEN-BLATT, 60 Jahre Pressefreiheit«. Aktueller denn je?
Best: Roman Herzog hat gesagt: »Wir brauchen die Freiheit der Presse.« Dieses gilt heute und wird auch weiter gelten, da die Pressefreiheit der Garant für eine funktionierende Demokratie ist. Dabei darf Pressefreiheit nicht mit unseriöser Berichterstattung in Wort und Bild verwechselt werden.

Pressefreiheit braucht wirtschaftliche Freiheit?
Best: Ja. Pressefreiheit darf sich nicht von wirtschaftlichen Zwängen oder von redaktionellen Gefälligkeiten leiten lassen.
Von Bürokratie, über Tarifbestimmungen bis zu Umweltauflagen reicht die Auswahl der kleinen Nadelstiche. Macht das Blattmachen noch Freude? Best: Täglich eine neue, aktuelle Zeitung zu produzieren ist ein großer Ansporn und eine Herausforderung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Hauses.

Eine Regionalzeitung kann man nicht in China drucken. Andere kehren Deutschland den Rücken. Was tun gegen die Globalisierung? Best: Tageszeitungen werden nie im Ausland gedruckt. Die Nähe zum Leser ist entscheidend. Globalisierung ist gut. Wenn sie aber dazu führt, dass Deutschland zu einer Dienstleistungs-Oase verödet, dann ist Globalisierung eine Fehlentwicklung.
Dienstleistung kann nur erwirtschaftet werden, wenn davor eine starke Produktion steht. Heute wird in Polen produziert, übermorgen in China und der Kreis schließt sich. In Jahrzehnten kommen dann die Firmen alle wieder nach Deutschland zurück.

Ist das 60 Jahre gewachsene OWL-Bewusstsein ohne Zeitung vorstellbar?
Best: Wir sind ein Bestandteil von Ostwestfalen.

Lokale Informationen sind die Stärke der Heimatzeitung. Wie wird dem Rechnung getragen? Best: Mit 27 Lokalausgaben - »Jeder Ort hat seine eigene Heimatzeitung« - bringen wir dem Abonnenten vor Ort die umfangreiche Information, die er täglich benötigt.
Ist Heimat altmodisch oder Trend?
Best: Heimat ist nicht altmodisch, sondern Orientierung und Wert. Wenn wir »Big Brother« oder »Deutschland sucht den Superstar« als neue Heimat bezeichnen, dann geht etwas verloren.

Nutzwert einer Zeitung ist Mehrwert, was »hat« der Leser von seiner Zeitung? Best: Die tägliche aktuelle Information im redaktionellen wie im Anzeigenbereich ist für den Leser ein unschätzbares Gut.

»WESTFALEN-BLATT im Sport ganz vorn« steht neben »Stark im Lokalen«. Woran wird das deutlich?
Best: Der große und kleine Verein findet seine Plattform im ausführlichen Haupt- und Lokalsport. Die Lokalberichterstattung spiegelt sich in 27 Lokalausgaben wider.

Wie fühlt sich das Geburtstagskind heute? Best: Wir sind gut aufgestellt. Unsere Ausgaben kommen bei den Abonnenten und Anzeigenkunden an und ich sehe für die Zukunft des Hauses keine dunklen Wolken am Himmel.

Welche Tochter macht die größte Freude? Best: Alle Töchter bereiten viel Freude. Besonders muss man hier den PANORAMA-Verlag (Anzeigenblätter) und PRINT & PICTURE (Werbung, Veranstaltungen und Bücher) erwähnen.

Anzeigenblätter steigen in der Wertschätzung, das haben jüngste Umfragen bestätigt. Sie haben das vorher gewusst? Best: Seit 25 Jahren geben wir Anzeigenblätter heraus und wir haben damals erkannt, dass die Anzeigenblätter als Ergänzungsmedium zur Tageszeitung einen hohen Marktwert bekommen werden.

Gibt es noch andere schöne Töchter? Best: Es gibt auch noch Schwestern. Hier ist besonders der BUSSE-SEEWALD-Verlag zu erwähnen, der sich im Bereich Dekor- und Gartenbücher hohen Stellenwert erarbeitet hat.

Das Ende der Zeitung wurde mindestens schon dreimal erklärt: Als Radio, Fernsehen und Internet neu starteten. Was halten Sie von solchen Ansagen? Best: Ich glaube nicht, dass Radio, Fernsehen oder Internet die Tageszeitung ersetzen können. Schon oft wurde die Tageszeitung totgesagt. Unter dem Dach des WESTFALEN-BLATTES erscheinen Zeitungstitel wie WESTFÄLISCHES VOLKSBLATT seit 158 Jahren, BAD OEYNHAUSENER ANZEIGER UND TAGEBLATT seit 128 Jahren, WARBURGER KREISBLATT seit 168 Jahren, HERFORDER KREISBLATT seit 160 Jahren, BÜNDER ZEITUNG seit 121 Jahren. Von tot kann man da nicht sprechen.

Wird die tägliche Zeitung ihr breites Angebot halten? Best: Die Zeitung wird immer Generalist und das Medium Nr. 1 bleiben.

Wie sieht die Zeitung von morgen aus? Best: Sie wird sich spezialisieren. Das Lokale wird einen noch größeren Stellenwert bekommen. Spezielle Themen-Supplements, die täglich erscheinen, werden die Zeitung anreichern.

Seit 400 Jahren werden Zeitungen gedruckt, wie lange noch? Best: Vielleicht gibt es in vielen, vielen Jahren keine Rotation mehr und jeder Leser druckt seine Zeitung jeden Morgen - im gleichen Format - über PC und Drucker aus.

Artikel vom 15.03.2006