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»Immer auch das Ganze im Blick«

Karl-Heinz Johanpeter: Mann der frühen Jahre

Von Lars Rohrandt
»In dieser Zeile ist ein bisschen viel Luft, dieser Buchstabe sollte etwas kleiner sein.« Der Blick des Schriftsetzermeisters ist scharf wie eh und jeh. Auch mit 83 Jahren. Von 1950 bis 1985 arbeitete Karl-Heinz Johanpeter beim WESTFALEN-BLATT.




»Für Schrift, Zeichnen, Drucken habe ich mich bereits als Schüler interessiert«, erzählt Karl-Heinz Johanpeter. Doch schon der Wunschberuf Schriftsetzer war kein einfaches Ziel für einen Volksschüler - an die spätere berufliche Karriere noch gar nicht zu denken. Doch der ehrgeizige junge Mann aus Bielefeld-Quelle erreichte, was er anstrebte. Im Jahr 1939 schloss er eine Lehre bei der Druckerei Bertelsmann in Bielefeld erfolgreich ab.
Dann kam der Krieg, der für Karl-Heinz Johanpeter in amerikanischer Gefangenschaft endete. »In Regensburg arbeitete ich bei den Amis in einer Bar.« Noch 1946 zog es ihn zurück nach Bielefeld, wo er in der Tanzschule Teubner-Schneider seine spätere Ehefrau Gertrud kennenlernte.
»Die ersten Nachkriegsjahre waren sehr hart«, erzählt der heute 83-Jährige. »Doch im Schwarzhandel war ich nicht der Dümmste.« Als 27-Jähriger kam er 1950 zum WESTFALEN-BLATT.
»Damals druckten wir noch in einer Garage an der Hermannstraße«, erinnert sich Karl-Heinz Johanpeter. »Ich war froh, in meinem gelernten Beruf arbeiten zu können.« Der erste Arbeitstag war ein Dienstag. »Um 21 Uhr ging es los.« Alter Handwerker-Aberglaube: Bloß nicht am Montag anfangen. Das bringt Unglück.
In den ersten Jahren war das Material knapp. »War eine Seite gedruckt, legten wir die Schrift sofort ab, um neu setzen zu können.« Der starke Zusammenhalt unter den Kollegen habe vieles möglich gemacht, was unmöglich schien.
Bereits 1952 übernahm Karl-Heinz Johanpeter die Ausbildung der Schriftsetzer-Lehrlinge, was nach ihm Schriftsetzermeister Günther Flöttmann in der Hand hatte. Noch heute arbeiten einige Schüler der beiden alten Meister beim WESTFALEN-BLATT. Später wurde Johanpeter Atelier-Chef, Leiter der Weiterverarbeitung und der Technik - schließlich, bis zum Beginn der Rente 1985, stellvertretender Betriebsleiter der Druckabteilung.
»Ein Schriftsetzer hat nie nur Lettern aneinander gereiht«, sagt Johanpeter. »Er hatte das Ganze im Blick, wusste über Druckverfahren, Farbenlehre und Schriftcharaktere Bescheid. Es war ein sehr vielfältiger Beruf.« Und er kümmerte sich auch um die Sprache: »In unseren Breiten hatten es nicht immer alle Redakteure so mit der richtigen Verwendung der Wörtchen ÝalsÜ und ÝwieÜ.«
Karl-Heinz Johanpeter holt seine Visitenkarte hervor: schlichte Eleganz im Hochformat - mit nur einem »N« in Johanpeter.
Der 83-Jährige klärt auf: »Als meine Eltern heirateten, trug das der Standesbeamte so ein. Und fortan schrieben wir uns mit einem ÝNÜ weniger.«

Artikel vom 15.03.2006