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DDR als Scheinwelt
im Wohnzimmer

»Good bye, Lenin!« heute bei Arte zu sehen

Arte, 20.40 Uhr: In München wurde »Good Bye, Lenin!« mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet, an den Kinokassen schlug er alle Rekorde. Heute Abend ist er erstmals im frei empfangbaren TV zu sehen.

»Good bye, Lenin!« ist ein skurriler Trip in eine Zeit, die noch gar nicht so lange vorbei und doch so fern ist. Regisseur Wolfgang Beckers Szenario ist ebenso absurd wie denkbar.
Genau diese Spannung zwischen Satire und Realitätsnähe verleiht dem Film seinen besonderen Charme, zumal es sich der Regisseur nicht nehmen lässt, an beiden Systemen leise, aber dennoch hörbare Kritik zu üben.
Die Idee ist ebenso einfach wie großartig - eine verdiente DDR-Aktivistin (Katrin Saß) fällt kurz vor dem Mauerfall nach einem Herzinfarkt ins Koma. Als sie nach acht Monaten erwacht, gibt es den Honecker-Staat nicht mehr.
Weil sie das aus überlebenswichtigen Gründen nicht erfahren darf, bekommt sie von ihrem Sohn Alex (Daniel Brühl) eine Zeitreise verschrieben, bei der die Geschichte notgedrungen neu erfunden werden muss.
Aus Mutterliebe veranstaltet er eine Geschichtsfälschung der besonderen Art. Alex lässt die DDR auf 79 Quadratmetern wieder auferstehen.
Komisch ist das schon, wie sich Alex bemüht, für seine Mutter aus Hollandgurken Spreewaldgürkchen zu machen, Coca-Cola als vom Westen geklaute und zurückeroberte DDR-Errungenschaft zu erklären und das DDR-Fernsehen mit Hilfe eines befreundeten Hobby-Filmemachers zu karikieren. Der Film aber will mehr sein, als nur eine absurde Komödie.
Auch das Melancholische des Untergangs wird im letzten Drittel des Films am Krankheitsfall der Mutter und der zugrunde liegenden Familientragödie illustriert.

Artikel vom 06.03.2006