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Piëch oder Wulff: Wer
setzt sich bei VW durch?

Wiedeking will nicht Pischetsrieder folgen

Wolfsburg (dpa/Reuters/WB/in). Ferdinand Piëch, Aufsichtsratschef der Volkswagen AG, hat es in einem Interview mit dem »Wall Street Journal Europe« öffentlich gemacht: Die Tage von Bernd Pischetsrieder an der Spitze von Europas größtem Automobilkonzern sind möglicherweise gezählt.
Tritt nicht freiwillig zurück: Bernd Pieschetsrieder.

Piëch behauptete in dem Interview, die zehn Arbeitnehmervertreter im VW-Aufsichtsrat würden sich gegen eine Vertragsverlängerung stellen. Er selbst steht »natürlich« zu seinem Vorstandschef. Aber bei zehn Gegenstimmen . . .
Der Gegenspieler Piëchs in dem Kontrollgremium, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, hat sich demgegenüber schon im Januar für eine Verlängerung des noch bis 2007 geltenden Vertrags mit dem von BMW zu VW gewechselten Automanager ausgesprochen. Das Land Niedersachsen ist nach Porsche der zweitgrößte VW-Aktionär. Am Freitag gab Wulff Pischetsrieder erneut Rückendeckung, in dem er sich, wenn auch nur indirekt, für eine Vertragsverlängerung aussprach: »Ich wechsele meine Meinung nur, wenn Anlass dazu besteht, und ich sehe keinen Anlass.«
Personaldiskussionen müssten jedoch im Aufsichtsrat und nicht öffentlich geführt werden. Der Kontrakt könne ohnehin frühestens am 16. April erneuert werden.
Indessen erklärte der als möglicher Nachfolger Pischetsrieders in Gespräch gebrachte Wendelin Wiedeking, er wolle Porsche-Chef bleiben und erwäge keinen Wechsel in die Chefetage des VW-Konzerns. Dem in Wien erscheinenden Magazin »Format« sagte er in einem Interview, das beim Automobilsalon in Genf geführt wurde: »Ich denke nicht darüber nach, woanders hinzugehen. Die Porsche-Story ist für mich einfach viel zu spannend.« In die VW-Konzernleitung zu wechseln, »macht keinen Sinn. Wir bringen uns als Aktionär ein.« Wiedeking sitzt seit Ende Januar im Aufsichtsrat der Volkswagen AG.
VW-Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterlohn wollte sich ebenfalls nicht öffentlich in die Diskussion über die Zukunft von Bernd Pischetsrieder an der Spitze von Europas größtem Autobauer einschalten. Zugleich vermied er es aber, ein Bekenntnis für Pischetsrieder abzugeben.
»Für mich als Betriebsrat hat vor allen anderen Dingen meine Verantwortung für die 170 000 Beschäftigten im Inland Priorität«, sagte Osterloh am Freitag. Für ihn hätten die Verhandlungen über das von Pischetsrieder eingebrachte Sparprogramm Vorrang. »Wir wollen mit Volkswagen verhandeln und nicht darüber in der Zeitung lesen.«
Osterloh wies zugleich Vermutungen zurück, die Arbeitnehmerseite könne ihre Zustimmung zu Pischetsrieders Vertragsverlängerung im Aufsichtsrat zurückhalten, um in den Verhandlungen Abstriche an den Sanierungsplänen zu erreichen. Das sei nicht seine Intention, betonte er.
Pischetsrieder selbst will nach Informationen aus Konzernkreisen nicht zurücktreten. »Es gibt keinerlei Anzeichen, dass Pischetsrieder seinen Vertrag frühzeitig lösen will. Er denkt nicht einmal daran«, berichtete das »Handelsblatt« am Freitag unter Berufung auf Unternehmenskreise. Ein VW-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Artikel vom 04.03.2006