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»Ich habe richtig Glück gehabt«

EFB Elektronik bildet nach langer Unterbrechung wieder Industriekaufleute aus

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Manche Firma, die nicht ausbildet, tut dies, weil sie irgendwann schlechte Erfahrungen gemacht hat. »Dabei ist es ungerecht, anderen Jugendlichen nie wieder eine Chance zu geben«, sagt Nana Heinemann, Prokuristin und kaufmännische Leiterin der Bielefelder EFB Electronik.
Gute Beispiele machen Schule: eine Serie, Folge 3.

Anfang der neunziger Jahre geschah das, was EFB dazu brachte, sich aus der beruflichen Ausbildung zurückzuziehen. »Die junge Dame hatte offenbar vor, nur dann im Betrieb und in der Schule zu erscheinen, wenn sie dazu Lust hatte«, erinnert sich Heinemann. Damals zahlte das Unternehmen sogar eine Abfindung, um die unzuverlässige Auszubildende wieder los zu werden. »Anschließend hatte hier keiner mehr Lust, noch mal einen Jugendlichen einzustellen.«
Die Berichte von der Situation auf dem Ausbildungsmarkt und Probleme, selbst gut ausgebildete neue Mitarbeiter zu finden, führten jedoch dazu, dass sich Heinemann die Sache noch ein Mal überlegte: »Dabei habe ich festgestellt, dass wir eigentlich alles bieten, was ein guter Ausbildungsbetrieb braucht.« Ein Anruf im Juli 2005 bei der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld bestätigte dies. Und obwohl die Zeit einen Monat vor dem normalen Ausbildungsbeginn schon relativ weit fortgeschritten war, entschloss sich EFB, sofort Nägel mit Köpfen zu machen.
Die Überraschung folgte auf dem Fuß. Denn unter den vielen Bewerbungen, die trotz des späten Termins bald eintrafen, entpuppten sich zwei als so gut, dass sich die Firmenleitung einfach nicht entscheiden konnte. »Da haben wir spontan entschieden, beide zu nehmen«, berichtet Nana Heinemann.
»Ich habe richtig Glück mit dieser Firma«, sagt Nadja Schröder. Aus dem niedersächsischen Uchte stammend hatte die junge Frau zunächst im Umkreis von 30 bis 50 Kilometer nach einer Ausbildungsstelle als Industriekauffrau gesucht. Vergebens. Bei EFB sei sie in allen Abteilungen, in denen sie bisher lernen konnte, sofort in die Arbeit einbezogen worden. Dass in anderen Betrieben Auszubildende vorzugsweise zum Kaffee kochen eingespannt werden, kennt sie nur vom Hörensagen. Bei der Bewerbung erwies sich als besonders positiv, dass sich schon am Telefon auf Englisch unterhalten konnte. EFB ist heute Teil der niederländischen TKH-Gruppe. Diese beschäftigt weltweit 4500 Mitarbeiter. Da ist Englisch Konzernsprache.
Lars Dierßen, aus dem ostwestfälischen Bünde stammend, hatte sich schon fast damit abgefunden, dass er im ersten Anlauf keine Lehrstelle finden würde. In diesem Fall hätte er nach dem Abitur zunächst ein Studium begonnen. »Die Ausbildung hier bei EFB macht aber viel mehr Spaß«, sagt er heute.
EFB, gegründet von Hermann Schreitter , hat 1988 als Lieferant von Kabelkonfektionen für Industriekunden begonnen. Heute liefern die Bielefelder nach Angaben von Nana Heinemann »alles, was ein funktionierendes Computernetzwerk benötigt«. Zum Sortiment gehören heute außer Kupferkabeln auch Glasfaserverbindungen, Netzwerkschränke, Steckverbinder, Datenkabel, USB und vieles mehr. Nach wie vor wird in Bielefeld und an einem zweiten Standort im thüringischen Sonneberg auch produziert. Dazu kommt der weltweite Einkauf, durch den die Auszubildenden schon früh in Kontakt mit Anbietern aus Osteuropa und Fernost kommen. Sich in das breite Produktspektrum einzufinden, ist für jeden neuen Mitarbeiter eine Herausforderung. Die Kunden von EFB kommen überwiegend aus den Bereichen IT und Telekommunikation. Von Jahr zu Jahr wächst der Exportanteil.
Zum Glück machen nicht nur schlechte, sondern auch gute Beispiele Schule. Die positiven Erfahrungen EFBs mit Nadja Schröder und Lars Dierßen führen dazu, dass die Bielefelder auch 2006 zwei neue Auszubildende einstellen werden. Neben einem weiteren Industriekaufmann oder einer Industriekauffrau bietet Heinemann nun auch eine Lehrstelle für eine Fachkraft für Lagerlogistik.

Artikel vom 04.03.2006