06.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Guantánamo: USA
veröffentlichen Namen

El Kaida ruft zu Anschlägen gegen den Westen auf

Washington (dpa). Das US-Militär hat nach jahrelangem Widerstand und massiver Kritik auf gerichtlichen Druck erstmals die Namen von hunderten Gefangenen auf dem umstrittenen Stützpunkt Guantánamo veröffentlicht. Unterdessen hat der Vizechef der Terrororganisation El Kaida, Eiman al-Sawahiri, die Moslems in aller Welt zu Anschlägen gegen Länder des Westens aufgerufen.

Die Namen der Guantánamo-Gefangenen sind in mehr als 5000 Seiten mit Vernehmungsprotokollen enthalten, die das Pentagon auf seine Webseite stellte. Daraus gehen auch erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich Einzelheiten über die Vorwürfe gegen die Gefangenen und die umstrittenen Verhöre hervor.
Viele der mehr als 300 in den Papieren genannten Gefangenen protestieren bei den Vernehmungen gegen ihre Haft und beteuern ihre Unschuld. Andere bekennen sich zu Diensten für die Taliban in Afghanistan und das Terrornetzwerk El Kaida.
Parallel veröffentlichte die Zeitschrift »Time« auf ihrer Webseite einen 84-seitigen Bericht mit Einzelheiten über schwere Misshandlungen eines Häftlings. Es handelt sich nach Angaben der Zeitung um ein Geheimprotokoll des Militärs. Die Anwälte des Häftlings, Mohamed al Katani, werfen dem Militär Folter vor. Katani sei wochenlang in einer Zelle mit gleißendem Licht festgehalten worden, über Tage hinweg rund um die Uhr ohne Schlaf verhört worden und habe teilweise nicht zur Toilette gehen dürfen.
Die vom Pentagon veröffentlichten Vernehmungsprotokolle waren teilweise bekannt, allerdings bislang nur mit geschwärzten Namen veröffentlicht worden. Dagegen hatte die US-Nachrichtenagentur AP erfolgreich geklagt. Die Namen der meisten Gefangenen waren auch bekannt, entweder durch Anwälte, Angehörige oder im Fall von Ausländern durch die Regierungen ihrer Heimatländer. Das Pentagon hatte sich aber stets geweigert, diese Informationen von sich aus zu veröffentlichen, um, wie es hieß, die Familien zu schützen.
Auf dem Stützpunkt hält das US-Militär seit Anfang 2002 Gefangene fest, die überwiegend in Afghanistan und Pakistan aufgegriffen wurden. Die USA halten sie für feindliche Kämpfer, denen keine Rechte als Kriegsgefangene zustehen. Sie fürchten, dass die Männer nach einer Freilassung die Waffen gegen die USA erheben und wollen sie deshalb unbefristet festhalten. Auf dem Stützpunkt waren zeitweise mehr als 600 Männer. Dutzende wurden in ihre Heimatländer abgeschoben. Zur Zeit sind nach Angaben des Pentagons noch 490 Männer dort.
Der zweite Mann an der Spitze des Terrornetzwerks El Kaida, Eiman al-Sawahiri, hat wegen der umstrittenen Mohammed-Karikaturen zu einem Boykott von Waren aus Deutschland aufgerufen. In einem Videoband, das der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira ausstrahlte, forderte der Ägypter, »einen vom Volk ausgehenden Wirtschaftsboykott gegen Dänemark, Frankreich, Norwegen, Deutschland und alle Staaten, die sich an der Kreuzfahrer-Kampagne gegen den Islam und die Muslime beteiligen«. Um gegen diese »Kampagne« anzukämpfen, seien auch Anschläge wie die des 11. Septembers 2001 nötig. Demonstrationen und Angriffe auf Botschaften seien nicht genug.
Al-Sawahiri forderte die radikalislamische Hamas auf, die von der palästinensischen Autonomiebehörde mit Israel geschlossenen Friedensvereinbarungen nicht anzuerkennen. Diese stellten eine Kapitulationserklärung dar. Die Autonomiebehörde der Fatah habe die Palästinenser für »Brosamen« verkauft.

Artikel vom 06.03.2006