04.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Gutes vom Nachbarn«
kitzelt Gaumennerven

Gourmetessen im historischen Gasthof »Buschkamp«

Von Ulrich Hohenhoff
(Text und Fotos)
Senne (WB). Schon der Blick in die Karte kitzelte die Geschmacksnerven, und das dann von Gourmet-Koch Ernst Heiner Hüser und seinen Mitarbeitern im Restaurant »Buschkamp« (Museumshof Senne) zubereitete Fünf-Gänge-Menü übertraf alle Erwartungen. Eine illustre Gästeschar war zum Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe »Gutes vom Nachbarn« gekommen und genoss sichtlich die Speisefolge ungewöhnlicher, erlesener Gerichte.

Mit der von Dr. Günter Küppers (Uni Bielefeld) und Markus Bauchrowitz (Slow Food Deutschland) geplanten Feinschmecker-Veranstaltungsreihe setzen sich die Organisatoren für die Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen ein. »Essen für Artenschutz und Landschaftspflege?« - der scheinbare Widerspruch löst sich schnell auf. Dr. Günter Küppers: »Nur wenn genügend Nachfrage da ist, gibt es die Chance, den für die Region typischen und vom Aussterben bedrohten Tierrassen ein Überleben zu ermöglichen.«
Zudem lernten die Gäste, dass es nicht immer nur Rücken, Filet oder Keule sein müssen, die sich in der Küche zubereiten lassen, sondern dass auch andere Teile der jeweils vorgestellten Tiere sowie deren köstlich gebratene oder gebackene Innereien zu überraschenden Geschmackserlebnissen führen können. Und genau das war bei dem Auftakt-Essen der Fall. Dieses Mal standen »Original schwarzbunte Kühe, alte Zuchtrichtung« auf dem Speiseplan. Züchter Christian Damm aus Bad Driburg höchstpersönlich hatte sich nach Senne bemüht, um der Tafelrunde, die Leckeres »rund ums Kalb« dieser Rasse genoss, die Historie der Schwarzbunten zu erläutern.
Die Rasse kam um 1800 ursprünglich aus der ostfriesischen Marsch und wurde 1876 in Sachsen-Anhalt in das erste Herdbuch eingetragen. »Dann trat die Rasse in Deutschland einen Siegeszug ohnegleichen an«, erläuterte Christian Thamm die Entwicklung. »Die Tiere sind sehr anpassungsfähig, ruhig und umgänglich, haben zudem eine hohe Milchleistung.« 1906 machte die Population bereits 50 Prozent des Rinderbestandes (5,4 Millionen Tiere) in Deutschland aus, wuchs bis 1936 auf 9,2 Millionen Tiere, erfreute sich auch in den USA größter Beliebtheit. »Dort wurden die Kühe zur reinen Milchrasse umgezüchtet, bereiteten wie alle hoch gezüchteten Turbomilchkühe allderdings Probleme«, sagte Christian Thamm. 1989 gab es in Deutschland nur noch 500 Tiere dieser Spezies, mittlerweile liegt der Bestand wieder bei 1200 Exemplaren.
»Für uns sind diese Tiere ideal, sie sind gute Futterverwerter und das Fleisch der Mastbullen ist kurzfaserig«, warb Christian Thamm für seinen biologischen Landbau-Betrieb in Bad Driburg-Alhausen. Dort beschäftigt sich der gelernte Koch, der sich nach fast 30 Jahren in Hotel- und Restaurantküchen seinen Lebenstraum vom eigenen, nach biologischen und ökologischen Prinzipien geführten landwirtschaftlichen Betrieb erfüllte, ausschließlich mit der Zucht und Vermarktung fast ausgestorbener Haustierrassen.
Und die Gäste von »Gutes vom Nachbarn« konnten es in der Tat schmecken. Egal, ob Kalbscarpaccio mit Bärlauchpesto, Sülze vom Kalbskopf, Salat mit Kalbstafelspitz, Kalbssahneragout oder Kalbsrücken - die hohe Qualität der Produkte sprach für sich.

Artikel vom 04.03.2006