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Deutschland bekommt im
August Rechtschreibfrieden

Kultusminister billigen einstimmig neuerliche Korrekturen

Berlin (dpa). Die umstrittene Rechtschreibreform von 1996 wird in mehreren Punkten korrigiert. Das haben die Kultusminister gestern einstimmig beschlossen. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Ute Erdsiek-Rave (SPD/Schleswig-Holstein), sagte: »Ich bin erleichtert und fröhlich und hoffe endlich auf Rechtschreibfrieden.«

Ab August dieses Jahres gelten damit wieder bundesweit an allen Schulen die gleichen Rechtschreibregeln. Auch Bayern und Nordrhein-Westfalen, die vor einem Jahr zunächst die weitere Umsetzung der Reform zurückgestellt hatten, sind dabei. In ihrem Beschluss appelliert die KMK zugleich an alle Verlage und Medien, »sich im Interesse der Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung« der nunmehr abgeänderten Reform anzuschließen.
Die Kultusminister folgen mit ihrer Entscheidung den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung, der die Änderungen der besonders strittigen Teile der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung und Silbentrennung erarbeitet hat. Mit den Korrekturen wollen die Kultusminister zugleich einen Schlussstrich unter die seit mehr als zehn Jahren erbittert geführten Auseinandersetzungen ziehen. Während Österreich sich den Korrekturen anschließen will, wird die Schweiz zunächst noch abwarten.
Nach den Änderungen soll künftig wieder mehr zusammengeschrieben werden - vor allem dann, wenn ein einheitlicher Wortakzent vorliegt wie »abwärtsfahren«, »aufeinanderstapeln« oder »querlesen«. Bei feststehenden Begriffen wie »der Blaue Brief«, »der Runde Tisch«, »das Schwarze Brett« soll wieder »dem allgemeinen Schreibgebrauch« gefolgt und groß geschrieben werden. Die verabschiedete Rechtschreibreform sah hierbei nur noch wenige Ausnahmen vor (»Heiliger Vater«). Verbindlichere Komma-Regeln sollen wieder für ein besseres Leseverständnis sorgen. Die Anrede »Du« in Briefen kann auch wieder groß geschrieben werden.
Über die Änderungen haben die Ministerpräsidenten der Länder jetzt noch abschließend am 30. März das letzte Wort. Auch hier wird ein einstimmiges Votum erwartet. Danach wollen die Bundesländer der Bundesregierung und den anderen Unterzeichnern der »Wiener Erklärung« zur Rechtschreibreform von 1996 offiziell die Korrekturen vorschlagen.
Der Präsident der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), Ulrich Stöckling, übte Kritik am Verfahren der Reformänderung. Bisher sei die Schweizer Seite über die Empfehlungen des Rates nicht offiziell informiert. Von den 38 ehrenamtlichen Mitgliedern des Rates für deutsche Rechtschreibung kommen je neun aus Österreich und der Schweiz sowie je einer aus Liechtenstein und der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol.
Als denkbar gilt, dass dem Rat künftig die Beobachtung der Rechtschreibung als Dauer-Aufgabe übertragen wird - wie dies von 1966 bis 1996 der private »Duden«-Verlag im Auftrag der KMK gemacht hat. Dafür müsste allerdings die KMK ein neues Konzept auch für die Finanzierung des Rates beschließen. Bisher teilen sich die Kosten für die Stelle der Geschäftsführerin Kerstin Güthert der Bund und das Land Baden-Württemberg.
Der Kultur-Staatsminister des Bundes Bernd Neumann (CDU) hofft, dass nach Jahren heftiger Diskussionen nun eine verlässliche Grundlage für die Rechtschreibung gefunden worden sei. Der Rat habe »einige gravierende Mängel« beseitigt, gleichwohl bleibe »das Unbehagen in der Bevölkerung«.

Artikel vom 03.03.2006