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Die Schwierigkeiten mit sich selbst

Formkrisen und Versteckspielen: ein Viererpack und seine Begründung

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Die Pro-bleme der deutschen Nationalmannschaft sind auch ein Spiegelbild der Schwierigkeiten ihrer einzelnen Mitglieder. Da haben einige im Moment viel mit sich selbst und ihren Klubs zu tun.

Am tiefsten steckt der Jüngste in der Krise. Lukas Podolski, 20 Jahre, der »Prinz« vom Rhein. Der Kölner durfte nun auch in einem Länderspiel zeigen, wie schlecht es im Augenblick um ihn bestellt ist. Aschermittwoch in Florenz und auch beim FC: Letzter Platz, seit unendlicher Zeit sieglos, der Star im Schlamassel. Auch sein »Spezi« Bastian Schweinsteiger hat schon bessere Tage gesehen: beim FC Bayern zuletzt Bankwärmer, nicht mehr so beschwingt und gut aufgelegt wie beim Confederations Cup. Das drollige Duo - im WM-Jahr kaum wiederzuerkennen.
Schlimm ist es hinten. Robert Huth vom FC Arsenal durfte neulich immerhin mal für 90 Minuten den Rasen riechen, gegen den Tabellenvorletzten FC Portsmouth. Doch die nötige WM-Reife bringen dem Verteidiger solche minderen Einsätze auch nicht.
Nationalelf-Nebenmann Per Mertesacker, wie Huth auch erst 21 Jahre alt, versagte in Florenz ebenfalls. Der Hannoveraner fiel einige Wochen wegen Verletzung aus. Sein Rückstand in jeder Beziehung war im anspruchsvollen WM-Test gegen die Italiener nicht zu kompensieren. Zudem fehlen dem Langen von der Leine die großen Gegner. Für »96« darf Mertesacker nur in der Bundesliga verteidigen, einen international gültigen Erfahrungsschatz kann er nicht in die Waagschale werfen.
Über den verfügt zwar aus früheren Jahren Christoph Metzelder, doch leidet er unter den konträren Ansichten seiner Trainer. Der Dortmunder Klubcoach Bert van Marwijk platziert ihn bei den Reservisten, Klinsmann findet das falsch. So muss jedenfalls seine Entscheidung interpretiert werden, Borussia-Stammkraft Christian Wörns zu Gunsten des Teamkollegen auszumustern. Für Metzelder, eigentlich WM-Profiteur dieser Personalie, ist es eine unangenehme Situation. An Praxis mangelt es auf alle Fälle auch ihm.
Es gibt noch mehr Spieler, die sich in ihrer Haut nicht wohl fühlen. Arne Friedrich erlebt in Berlin gerade erheblichen Hertha-Zoff. Sebastian Deisler darf weniger für die Bayern tun als er möchte. Vereinsgefährte Philipp Lahm ist nach langer Rekonvaleszenznoch nicht wieder der drahtige Linksverteidiger, als der er bei der WM normalerweise gesetzt ist.
Der Schalker Stürmer Kevin Kuranyi - dieses Mal außen vor - wird wegen einer Knieoperation in den nächsten Wochen ohnehin nicht stürmen, und die eben erst von einem Sehnenabriss genesene Werder-Spitze Miroslav Klose kann ihre Torquote in Bremen nicht auf Länderspiele übertragen.
Außerdem gibt es noch das Torwart-Theater: Kahn? Leh-mann? Oder was? Und wer geht überhaupt voran? Auch Kapitän Ballack verschwand unter Deck. Offene Fragen, Formverfall, Ver-steckspielen - zusammen gipfelte es im Viererpack von Florenz.

Artikel vom 03.03.2006