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H5N1-Fehlalarm in Bielefeld

Mann mit Vogelgrippeverdacht behandelt - keine Meldepflicht

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Im Städtischen Krankenhaus Bielefeld Mitte ist erstmals ein Patient mit Verdacht auf Vogelgrippe aufgenommen worden. »Die Befürchtung hat sich nicht bestätigt, aber der Fall hat gezeigt, dass die Abläufe im Ernstfall gut funktionieren«, sagte gestern die Ärztliche Direktorin Prof. Ute Raute.

Der Mann hatte sich am Dienstag mit Durchfall, Fieber und Atemnot in der Ambulanz gemeldet. »Aufgrund der Angaben, die der Patient machte, konnten die aufnehmenden Ärzte eine Infektion mit dem Vogelgrippevirus nicht ausschließen«, erklärte Oberarzt Dr. Ulrich Rieke, der für die Infektionsstation zuständig ist. Prof. Raute sagte, aus Sicherheitsgründen sei das Programm abgespult worden, das für den Ernstfall vorgesehen sei. »Für alle Kontaktpersonen haben höchste Schutzvorschriften gegolten.«
So war der Kranke mit einem Außenaufzug auf die Isolierstation gebracht worden. Dort befinden sich neun Zimmer mit speziellen Luftschleusen. Ein Pfleger mit Schutzbrille und Atemmaske nahm einen Rachenabstrich für den Influenza-Schnelltest, in der Krankenhausapotheke wurde das Medikament Tamiflu bestellt. »Ein Antivirusmittel, das wir einsetzen, solange noch kein Impfstoff entwickelt worden ist«, erklärte Prof. Ute Raute. Der Schnelltest verlief negativ, und am nächsten Morgen war auch das Fieber gesunken. »Es stellte sich heraus, dass der Mann eine ganz andere, leichtere Krankheit hatte und noch am Mittwoch wieder entlassen werden konnte«, sagte Dr. Ulrich Rieke.
Der Oberarzt äußerte, mit Fehlalarmen wie diesem müssten die Krankenhäuser in den kommenden Wochen vermehrt rechnen: »Vogelgrippe ist in der Öffentlichkeit das Thema Nummer eins und wird damit auch zu einem psychologischen Problem. Manche Menschen, die vielleicht eine schwerere Grippe haben, machen sich nun völlig grundlos Sorgen, sich mit dem gefährlichen Virus H5N1 infiziert zu haben.«
Die Vorkehrungen der Krankenhäuser gehen aus Sicherheitsgründen offenbar über das notwendige Maß hinaus, denn nach Darstellung des NRW-Gesundheitsministeriums ist die Vogelgrippe nicht von Mensch zu Mensch übertragbar »Deshalb würde ein infizierter Patient auch keine Gefahr für andere darstellen«, sagte gestern Ministeriumssprecher Kai von Schoenebeck. Aus dem genannten Grund gebe es auch keine Meldepflicht für die Krankheit. Verlässliche Zahlen über Fehlalarme lägen dem Ministerium somit auch nicht vor. »Nach unserem Wissen hat es aber bisher in NRW erst einen Verdachtsfall gegeben, und zwar in Köln«, sagte Schoenebeck. Auch der habe sich, wie der Bielefelder Fall, nicht bestätigt.
In Ostwestfalen-Lippe halten die Krankenhäuser 195 Infektionsbetten vor, und zwar in Bad Driburg (5), Bad Lippspringe (41), Bad Oeynhausen (6), Bad Salzuflen (7), Bielefeld (10), Detmold (7), Gütersloh (28), Herford (40), Lemgo (10), Lübbecke (14), Paderborn (24) und Warburg (3).
Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) will die Schutzmaßnahmen gegen die Vogelgrippe verschärfen. Nur noch Hofmitarbeiter und Tierärzte sollen Ställe betreten dürfen. Themen der Zeit

Artikel vom 03.03.2006