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Stoiber lobt die Kanzlerin -
Platzeck attackiert CSU-Chef

Politischer Aschermittwoch im Zeichen der großen Koalition in Berlin

Berlin/Passau (dpa/Reuters) Exakt 100 Tage nach dem Antritt der großen Koalition in Berlin haben die politischen Parteien beim traditionellen Politischen Aschermittwoch versucht, ihr politisches Profil zu schärfen.
Renate Künast, Matthias Platzeck und Guido Westerwelle (von links): Politischer Aschermittwoch in Bayern nur mit einem zünftigen Bier.

Die CSU will trotz der Zusammenarbeit zwischen Union und SPD in Berlin einen eigenständigen Kurs fahren. CSU-Chef Edmund Stoiber kündigte beim Politischen Aschermittwoch seiner Partei in Passau eine klare Abgrenzung gegenüber den Koalitionspartnern an. »CSU pur ist das Beste.« Er forderte einen schärferen Kurs in der Ausländerpolitik und ein härteres Vorgehen gegen Sexualstraftäter. Der SPD-Bundesvorsitzende Matthias Platzeck hob beim Politischen Ascherrmittwoch in Vilshofen die Leistungen seiner Partei in der großen Koalition hervor und nahm CSU-Politiker aufs Korn.
Stoiber sprach Querelen nach seinem kurzen Auftritt auf der Berliner Bühne vor den 3500 Zuhörern nicht an, beschwor aber demonstrativ die Geschlossenheit der Partei. »Die CSU ist stark, weil wir eine legendäre Geschlossenheit haben«, sagte er. »Mit Ihrem Vertrauen will ich auch künftig für den Erfolg unserer Heimat arbeiten.«
Ungewöhnlich deutlich hob Stoiber die Verdienste der Bundeskanzlerin hervor. »Mit Angela Merkel und der Union gilt: Deutschland wird wieder vernünftig regiert. ... Master- statt Desaster-Politik.« Die SPD forderte er auf, trotz schlechter Umfragewerte nicht Unruhe in die Arbeit der Bundesregierung zu bringen. Diese müsse in der nächsten Zeit wichtige innenpolitische Vorhaben anpacken: »Da brauchen wir Ruhe in der Koalition und nicht Sand im Getriebe.« Für Sexualstraftäter verlangte Stoiber eine bundesweite Meldepflicht. Die Polizei müsse eine Art Bewegungsbild von Triebtätern haben, sagte er mit Hinweis auf das Martyrium der 13-jährigen Stephanie in Dresden. Bayern werde noch in diesem Frühjahr einen entsprechenden Vorstoß in Berlin einbringen.
Platzecks Kritik bei seinem ersten Auftritt vor den bayerischen Genossen beim Politischen Aschermittwoch im niederbayerischen Vilshofen richtete sich besonders gegen Bayerns Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) und dessen Zickzack-Kurs zwischen Berlin und München. »Die SPD ist das Herz der Bundesregierung«, sagte Platzeck vor 700 Parteianhängern. Dreieinhalb Wochen vor drei Landtagswahlen rief er die Genossen zu Geschlossenheit auf.
FDP-Chef Guido Westerwelle stellte beim Politischen Aschermittwoch in Passau in den Mittelpunkt seiner Rede die Kritik an der Steuerpolitik der Bundesregierung, insbesondere an der für Anfang 2007 geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent. Die Regierung solle auf die Steuererhöhung verzichten und die Gewerkschaften sich dafür zu moderaten Lohnforderungen verpflichten, schlug Westerwelle vor.
Den Unionsparteien warf Westerwelle abermals einen Bruch der Wahlversprechen vor. Besonders problematisch sei, dass die drei Prozent höhere Mehrwertsteuer im Unterschied zu den Ankündigungen im Wahlkampf hauptsächlich zum Stopfen der Haushaltslöcher eingesetzt werden solle. »Da muss man blind oder blöd sein, wenn man nicht wusste, wie die Finanzlage des Bundes ist.«
Die Grünen warfen der Kanzlerin fehlende Konzepte vor. Nach 100 Tagen großer Koalition seien eine »große Steuererhöhung« und große Verschuldung beschlossen worden, sagte die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, beim Politischen Aschermittwoch.. »Das ist alles, was an der großen Koalition groß ist.« Kommentar

Artikel vom 02.03.2006