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»Die Solidarität mit
den Studenten fehlt«

Die mögliche Einführung von Studiengebühren an der Universität Bielefeld sorgt dort seit Monaten für hitzige Diskussionen -Êund Widerstand. Höhepunkt der Studenten-Aktionen in Bielefeld war die wochenlange Besetzung des Rektorats. Was halten die Studenten selbst von den Protesten? Werden sie etwas ausrichten können? Laura-Lena Förster fragte nach.

Oliver Leisau (23) aus Gütersloh findet friedlichen Protest vollkommen in Ordnung. »Der würde vom Rektorat auch sicherlich akzeptiert«, sagt der Politikstudent. Verwüstungen hält er für den falschen Weg. Denn: »Die Verantwortlichen sitzen ohnehin am längeren Hebel. Die Universität Bielefeld wird nicht um Studiengebühren herum kommen.«
Nach Ansicht von Henning Vormbrock, ebenfalls aus Gütersloh, kommen die Proteste zu spät. »Jetzt kurz vor Schluss so heftig zu reagieren, ist doch sehr übertrieben«, sagt der 25-Jährige. »In der Halle kann jeder sich aufhalten wie er möchte. Aber das, was vorher passiert ist, das war zu heftig.«
Annika Peters, die Bioinformatik und Genomforschung studiert, findet es prinzipiell gut, dass die Studenten sich wehren, »gerade weil vom Rektorat nicht genau gesagt wird, was mit den Studiengebühren passiert«. Auch hätten die Studenten viel zu wenig Rechte. »Wir haben keine Möglichkeit, Professoren abzuwählen, wenn sie sich in Vorlesungen und Seminaren keine Mühe geben«, sagt die 23-Jährige.
Auch der 22-jährige Patrick Holthaus aus Oelde hält viel davon, ein Zeichen gegen Gebühren zu setzen. Doch glaubt er, dass die Aktionen nichts bringen werden. »Die Öffentlichkeit zeigt keine Solidarität mit den Studenten. Teilweise ist das auch verständlich, denn Unimitarbeiter am Betreten ihrer Räume zu hindern, das geht zu weit.«
»Wie er oder sie protestiert, muss jeder selbst wissen«, meint Waldemar Charitonow (19) aus Bünde. Dass überhaupt Gegenwehr gezeigt werde, sei mehr als sinnvoll. »Ich bin gegen Studiengebühren. Je mehr Protest-Plakate aufgehängt wer-
den, desto
besser.«
Ähnlich sieht Alexander Lanew (26), der aus Pader- born kommt und BWL stu-
diert, die Lage. Er
ist froh, dass der AStA sich so sehr engagiert hat. »Für einen Studenten, der auf eigenen Beinen steht, sind 500 Euro im Semester schon eine Belastung.«
Melanie Rogers aus Gütersloh könnte die Einführung von Studiengebühren nachvollziehen, wenn sich an der Universität tatsächlich etwas ändern würde. »An Bildung sollte man nicht sparen«, sagt die 24-jährige Studentin der Molekularen Biotechnologie. »Wird das Geld aber nur genutzt, um Löcher zu stopfen, zahle ich höchst ungern.« Die Proteste unterstützt sie: »Es ist richtig zu zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen.« Ob das allerdings etwas bringt, davon ist sie nicht überzeugt. »Der Prozess ist wahrscheinlich ohnehin unaufhaltsam.«
Für Steffen Walkenfort haben die Proteste zwei Gesichter. »Grundsätzlich stehe ich dahinter, von Verwüstungen halte ich aber nichts«, sagt der 24-jährige Sportstudent aus Gütersloh. »Rektor Timmermann hat lange zugeschaut. Das war sehr kollegial von ihm.« Irgendwann musste aber einfach Schluss sein. »Wenn man Mitarbeitern den Zugang verwehrt, macht man sich unglaubwürdig.«
Der 21-jährige Artur Pfeif aus Espelkamp hätte das Rektorat nicht besetzt. »Ein vernünftiges Gespräch wäre sicher besser gewesen«, sagt der BWL-Student. Vor Studiengebühren hat er keine Angst. »Wenn man fleißig ist und nebenbei jobbt, bekommt man das schon irgendwie hin.« Außerdem seien 500 Euro im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA noch wenig.
»Den Rektor muss keiner mit Eiern bewerfen«, sagt Nadine Borchardt, die Linguistik und Romanistik studiert. »Teilweise waren die Aktionen schon übertrieben und vor allem zu spät.« Der AStA hätte eher reagieren müssen. Und dann mit anderen Mitteln. »Die großen Proteste kamen erst, als schon alles entschieden war«, kritisiert die 24-Jährige.

Artikel vom 04.04.2006