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Lieber Uni-Stelle als Stipendium

Von Laura-Lena Förster
Andere empfinden sie als Belastung. Fabian Kessl sah in der Lehrverpflichtung gerade einen Anreiz. Einer, der so groß war, dass er sein Promotionsstipendium bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) abgab und eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter annahm. Zum Doktor der Philosophie hat er es an der Uni Bielefeld dennoch in viereinhalb Jahren gebracht.

Keine schlechte Zeit für einen, der davon immerhin dreieinhalb Jahre nebenbei eine volle Stelle hatte. Selbst DFG-Durchschnittsstipendiaten brauchen mehr als vier. »Natürlich sind Arbeit und Promotion in dieser Lebensphase strukturbildend«, sagt Fabian Kessl, mittlerweile 35 Jahre alt.
Die Anstellung an der Uni hatte aber auch ihre Vorteile. Eine stärkere institutionelle Anbindung beispielsweise als damals noch als Stipendiat. Und die ganz persönliche Herausforderung, sich verstärkt auch mit den Studenten ausein-anderzusetzen. Bildungsarbeit war nämlich schon immer sein Ding.
Studiert hat Fabian Kessl in Heidelberg Erziehungs- und Politikwissenschaft. Nach Bielefeld zog es ihn nach dem Magister aus zwei Gründen. Wegen der starken sozialwissenschaftlichen Tradition und eines attraktiven Promotionsstipendiums. Ein Graduiertenkolleg der DFG zum Thema »Jugendhilfe im Wandel« lief gerade mit der Uni Dortmund an, von November 1999 an war Fabian Kessl einer der Teilnehmer - allerdings, wie gesagt, nur für ein Jahr.
Mit der Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Pädagogik begannen die Arbeitspläne. »Aber nur grob, um einen Überblick zu behalten«, sagt er. Die Promotion an sich war ohnehin permanent präsent. Mal mehr, mal weniger ausgeprägt. »Natürlich sind nicht alle Phasen gleich intensiv. Gerade die Dokumentation und die enge Arbeit am Text aber brauchen volle Konzentration.« In Absprache mit den Kollegen fand Fabian Kessl sie. Auch, weil Qualifikation ein wesentlicher Bestandteil universitärer Arbeit ist. »Sie muss einfach ihren Platz finden.«
Und sie muss einen wahrscheinlich manchmal auch an den Rande der Verzweiflung bringen. Dann, wenn man durch eine Buchhandlung streift und Literatur entdeckt, die alles sagt, was man eigentlich selbst erforschen wollte. »Das passiert jedem«, sagt Fabian Kessl. »Und jeder merkt dann doch, dass dem nicht so ist.«
Viel schlimmer, oder besser mühsamer, empfand der die Phase, bis die Textstruktur steht. »Irgendwann muss man an dem Punkt angelangen, zu sagen: Das Material steht.« Er hat ihn gefunden. Und die Auf- und Ab-Gedanken bewältigt. Und sich immer wieder den thematischen Reiz seiner Arbeit vor Augen gehalten. Die Methode ist aufgegangen.

Artikel vom 04.04.2006