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Deutschland ist auch in Sachen
Fußball Export-Weltmeister

Sport & Olympia Museum Köln zeigt bis zum 5. Juni »Global Players«

Von Dietmar Kemper
Köln (WB). Wer Fußball-Weltmeister werden will, braucht deutsche Tugenden. Deshalb sind Ausdauer, Disziplin und Pünktlichkeit im Ausland gefragt und Trainer aus Germany ein Exportschlager. »Aus keiner anderen Nation arbeiten so viele Trainer als Fußball-Entwicklungshelfer«, weiß Museumsdirektor Christian Wacker.

Im Deutschen Sport & Olympia Museum in Köln wird bis zum 5. Juni die Ausstellung »Global Players: Deutscher Fußball in aller Welt« gezeigt. Im Mittelpunkt stehen Frachtkisten. »In sie haben Trainer und Spieler ihre Erinnerungen gepackt, und die Besucher können sie wieder auspacken«, beschreibt Wacker das Ausstellungskonzept.
Zu den Weltenbummlern im Zeichen des runden Leders gehörte Rudi Gutendorf, der es auf 52 Trainerstationen brachte. 150 Exponate, darunter ein Walfischzahn aus Samoa, zeugen von seiner 50-jährigen Entwicklungshilfe rund um den Globus. »Rudi Gutendorf gab uns die Möglichkeit, sein Haus auszuräumen und dabei stießen wir auf eine wahre Wunderkammer«, erzählt Christian Wacker. Die Frachtkisten in den 20 Themeninseln sind wie große Schaufenster gestaltet und teilweise begehbar. Die Besucher bekommen einen Audioguide mit auf den Weg, über den sie per Tastendruck Informationen zu den Ausstellungsstücken abrufen können.
Unter anderem ist ein Landungssteg in Sao Paulo zu sehen. Er soll an die Hebammendienste für den brasilianischen Fußball erinnern. 1898 wanderte Hans Nobiling aus Hamburg nach Südamerika aus, holte Freunde nach und gründete die Fußball-Liga in Brasilien. In die alte Heimat geschickte Briefe lassen diese Zeit lebendig werden. Die Ausstellung verzichtet auf die bloße Aneinanderreihung von trockenen Fakten und setzt statt dessen auf Geschichten und Anekdoten.
In 20 Interviews kommen Deutschlands Fußball-Botschafter selbst zu Wort, so wie Winfried Schäfer, der über seine Erfahrungen mit den »unbezähmbaren Löwen« in Kamerun berichtet. Egal ob Winfried Schäfer, Klaus Schlappner in China, Jupp Derwall und Christoph Daum in der Türkei oder Pierre Littbarski (»Litti-san«) in Japan: Sie lernten andere Kulturen kennen und können viel Interessantes erzählen.
15 über die Ausstellung verteilte Filmstationen verbinden Bild mit Ton und verdeutlichen, wie Deutsche in 45 Jahren nicht nur den Fußball, sondern auch das jeweilige Land vorangebracht haben. So wie Holger Obermann in Afghanistan, der mit Hilfe des Balls das Leben der vom Krieg traumatisierten Kinder versüßt. Oder wie Bernd Stange im Irak, der Fußball als Chance sieht, eine Gesellschaft ziviler zu machen und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppen zu stärken.
»In Afrika versucht man über Fußball an Kindersoldaten heranzukommen, sie wieder gesellschaftsfähig zu machen«, sagte Museumsdirektor Wacker dieser Zeitung. Fußball eröffne die Möglichkeit, Teamgeist zu entwickeln und Sozialverhalten zu lernen.
Weil sie Entwicklung, Möglichkeiten und Chancen der kugelrunden Entwicklungshilfe schildert, ist die Ausstellung stärker politisch als sporthistorisch ausgerichtet. Bert Trautmann zog es allerdings nicht im Auftrag des Auswärtigen Amtes, des Nationalen Olympischen Komitees oder der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit auf den grünen Rasen jenseits der Bundesrepublik. Er wollte die Chance nutzen, in England, dem Mutterland des Fußballs, Erfahrungen zu sammeln. Von 1949 bis 1964 hütete er das Tor von Manchester City und erschien den Briten als Inbegriff deutscher Tugenden.
Obwohl er sich bei einem Zusammenprall drei Genickwirbel brach, spielte er bis zum Schlusspfiff weiter und stieg in den Rang einer Legende auf. Christian Wacker bewundernd: »Trautmann war in ganz England anerkannt und schaffte es, die aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Barrieren zwischen beiden Ländern niederzureißen.«
Die Ausstellung »Global Players« ist dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr und am Wochenende von 11 bis 19 Uhr geöffnet (Telefon: 0221/336090).

Artikel vom 07.03.2006