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Wirbel um BND-Agenten

Bundesregierung dementiert US-Bericht über deutsche Hilfe in Irak

Berlin (dpa). Die Aktivitäten deutscher Geheimdienste im Irak-Krieg sorgen erneut für Wirbel. Bundesnachrichtendienst  (BND) und Bundesregierung widersprachen gestern Darstellungen, wonach deutsche Agenten vor dem Krieg Geheimpläne an die USA weitergeleitet hätten und so die US-Kriegsführung stärker als bislang bekannt unterstützt hätten.

Die Opposition verlangte ungeachtet des Dementis weitere Aufklärung über die Aktivitäten der Agenten und sieht sich in der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss bestätigt.
Laut einem Bericht der »New York Times« haben die USA einen Monat vor Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 aus deutschen Quellen eine Kopie der Verteidigungspläne für Bagdad erhalten. Dem Blatt zufolge haben sich zwei BND-Mitarbeiter das Material nach einem Treffen von Saddam Hussein mit seinen Befehlshabern beschafft. Die Skizze habe dem US-Militär bei der Einschätzung geholfen, wann und wo der damalige Diktator besonders loyale Soldaten in Stellung bringen wollte, hieß es in dem Bericht.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bezeichnete nach Rücksprache mit BND-Chef Ernst Uhrlau diese Behauptungen als falsch. »Dem BND und damit auch der Bundesregierung war bislang weder ein solcher von der ÝNew York TimesÜ beschriebener Plan bekannt, noch hatte er Kenntnis von dem in der ÝNew York TimesÜ berichteten Treffen Saddam Husseins mit seinen Kommandeuren am 18. Dezember 2002«, sagte Wilhelm in Berlin.
Der BND erklärte: »Die aufgestellten Behauptungen entbehren jeder Grundlage und sind schlicht falsch.« Wilhelm stellte zudem klar, da dem BND der Vorgang unbekannt gewesen sei, habe man darüber auch nicht in dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) berichten können.
Die »New York Times« hatte sich auf eine bislang geheime Studie des US-Militärs berufen. Danach habe der BND über einen Verbindungsbeamten im US-Hauptquartier in Doha im Golfemirat Katar dem US-Militärgeheimdienst DIA das Material zugespielt. Die Skizze sei über eine Informationskette von Bagdad zunächst zur BND-Zentrale in Pullach geschickt und von dort an die USA weitergeleitet worden. »Durch die Beschaffung der irakischen Dokumente haben deutsche Geheimdienstbeamte den USA bedeutsamere Hilfe geleistet, als es ihre Regierung öffentlich zugegeben hat«, schrieb die Zeitung.
Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler sprach von einer »dramatischen Wendung«, falls der Bericht zutreffe. Die FDP wolle aber unverändert erst am 7. März entscheiden, ob sie für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sind. Als »Spekulation« bezeichnete Grünen-Fraktionschefin Renate Künast die Darstellung des Blatts. Ihre Fraktion halte aber daran fest, den gesamten Vorgang in einem Ausschuss zu klären.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach bezeichnete Teile des US-Zeitungsberichts als plausibel. »Dass der Bericht zu 100 Prozent an den Haaren herbeigezogen ist, das glaube ich nicht.« Der Unions-Fraktionsvize hält jedoch einen Untersuchungsausschuss weiter für verzichtbar. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 28.02.2006