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Köhler schätzt
Hartmann

150 Jahre Paderborner Spedition

Von Bernhard Hertlein
Paderborn (WB). Aufregung in Rom bei der Schweizer Garde. Ein Lastzug parkt vor dem Petersdom. Zwar denkt zu dem Zeitpunkt keiner an einen möglichen Terroranschlag. Trotzdem: Dass ein deutscher Spediteur einfach das Parkverbot missachtet, geht nun doch zu weit.
Andreas (M.) und Sabine Hartmann haben inzwischen von ihrem Vater Rolf (l.), dem Vertreter der fünften Unternehmergeneration, das Steuerrad in der Paderborner Spedition Hartmann International übernommen.

Dabei ging es dem Fahrer und damaligen Juniorchef der Paderborner Spedition Hartmann eigentlich nur um ein Erinnerungsfoto. Vor 52 Jahren war die dreitägige Fahrt mit dem Lastzug von Ostwestfalen nach Rom oder von Liborius zu Petrus noch ein kleines Abenteuer.
Auch wenn die Verantwortlichen der F.A. Hartmann International manches im Alltag heute immer noch als abenteuerlich empfinden mögen - im Rückblick auf die 150-jährige Firmengeschichte ist heute alles bestens und bis ins Detail geregelt.
Der Grund ist die Einbindung des Speditionsgeschäftes in die Online System Logistik (OSL). Unter Federführung von Hartmann und mit Unterstützung der Paderborner Universität entwickelt, zählte der Verbund zum Start am 1. Januar 1995 genau 26 Unternehmen. Heute fahren 65 Partnerspeditionen unter der OSL-Fahne, darunter auch einige aus den europäischen Nachbarländern. Das Netz funktioniert so, dass alle Speditionen ihre Lastwagen am späten Nachmittag zur »Hub and Spoke« (Nabe und Speiche) genannten Sammelstelle in Schlitz bei Fulda oder zu einem der beiden regionalen »Hubs« in Paderborn und in Nördlingen fahren. Dort wird die Ware in der Nacht umgeschlagen. Frühmorgens fahren die Lkw beladen in ihre Zentralen zurück, von wo das Stückgut am Vormittag im Nahverkehr ausgeliefert wird -Êein 24 Stunden-Service, den beispielsweise der Landmaschinen-Hersteller Claas (Harsewinkel) gern für schnelle Lieferungen nutzt.
Für dieses Benzin sparende System ist Hartmann mehrfach unter anderem vom Bundesumweltamt ausgezeichnet worden. Die 65 mittelständischen Partner zählen insgesamt 4506 Mitarbeiter, die 1798 Lkw und weitere 1761 Wechselbrücken bewegen und zusätzlich über ein Lager von mehr als 400 000 Quadratmetern verfügen.
Auf Partnerschaft setzt Hartmann auch mit seinem zweiten Standbein, dem Umzugservice. Als Mitglied in dem 1985 gegründeten UTS-Netz verfügen die Paderborner über internationale Kontakte. Erst kürzlich hatte Hartmann einen ganz besonderen Kunden: Bundespräsident Horst Köhler setzte für seinen Umzug aus den USA nach Berlin ebenfalls auf den Service von Hartmann.
Längst ist der eigentliche Transport nur ein Teil des Angebots einer Spedition. Unternehmen wie Hartmann verstehen sich als Logistikpartner, der auf Kundenwunsch vom Lagern über Verpacken bis zur kompletten Organisation einer Seefracht alles übernimmt. Somit profitiert Hartmann auch von der Öffnung der Märkte und der Globalisierung. Ständig expandiert man weiter -Ê2001 um 3000, 2003 um 2500 und 2004 um 5500 Quadratmeter. Kaum fertig, stoßen die Paderborner schon wieder an Grenzen. Schon diskutiert man über einen neuen, etwa 4500 Quadratmeter großen Anbau.
Insgesamt umfasst der Firmenbesitz 20 000 Quadratmeter Lagerfläche und 40 eigene Lkw. Die 170 Mitarbeiter erwirtschafteten 2005 einen Umsatz von 14,5 Millionen Euro. 18 Prozent entfielen auf das von Sabine Hartmann geleitete Umzugsgeschäft. Bruder Andreas Hartmann führt die Spedition.
Begonnen hat alles vor 150 Jahren mit Josef Hartmann. Als Fuhrunternehmer transportierte er Güter aus Ostwestfalen etwa zur Leipziger Messe und brachte von dort Waren für die Paderborner Kaufmannschaft zurück. Sein Sohn Franz Anton Hartmann, der das Unternehmen bald übernahm, ist mit seinen Initialen auch der Namensgeber: »F.A.H.«
Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Stammhaus am Paderborner Marienplatz ausgebombt. Rolf Hartmann knüpfte nach seinem Eintritt Anfang der fünfziger Jahre enge Kontakte zur US-Armee. Deren Umzugsaufträge beflügelten den Aufstieg zur heutigen Größe. Sohn Andreas steht in der sechsten Generation in seinen Fußstapfen. Statt wie jener nach Italien knüpft er seine Kontakte schon weiter bis nach China.

Artikel vom 28.02.2006