02.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Leinenzwang und Ausgehverbot
für Haustiere in Sperrgebieten

Schutzmaßnahmen verschärft - Tierschutzbund warnt vor Panikmache

Berlin (dpa). Für Katzen und Hunde gelten nach dem ersten Vogelgrippefall bei einem Haustier in Deutschland verschärfte Schutzmaßnahmen in Sperrzonen. Darauf einigten sich Bund und Länder gestern bei einer Konferenz des Nationalen Krisenstabes für Tierseuchen.
Die Bundesländer, die bereits den Virus H5N1 bei Wildvögeln entdeckt haben, würden dies umgehend erlassen, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin mit. Danach besteht Hauspflicht für Katzen und Leinenzwang für Hunde. Nordrhein-Westfalen ist bisher nicht betroffen.
Eine tote Katze von der Insel Rügen war mit dem Erreger infiziert. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Reinhard Kurth, sieht durch den Fall keine gewachsene Gefahr. Für Fachleute gebe es keine neue Gefahrenlage, sagte er. »Wir haben in den letzten Wochen ein relativ großes Katzensterben im Irak beobachtet - auch durch H5N1.« Insofern sei der Fund der toten Katze auf Rügen etwas früh gekommen, aber nicht überraschend. Bereits 2004 sei der Ausbruch der Krankheit bei Katzen in Asien beobachtet worden.
Der Deutsche Tierschutzbund warnte vor Panikmache. Ein bundesweiter Hausarrest für Katzen oder auch Hunde sei nicht angemessen, teilte der Tierschutzbund in Bonn mit.
Nach Behördenangaben war die gestorbene Katze von Nord-Rügen ein Streuner mit wenig Kontakt zu Menschen. Ob sie mit dem aggressiven Asia-Stamm des Vogelgrippevirus H5N1 infiziert war, an dem in Asien auch Menschen erkrankten und starben, wird noch untersucht. Der Halter der Katze zeigt keine Anzeichen einer Grippe-Erkrankung. Bei einer Untersuchung habe ein Arzt keine Symptome festgestellt, sagte eine Sprecherin des Krisenstabs der Landesregierung. Der Mann werde weiterhin ärztlich überwacht. Den infizierten Kater habe er noch nicht lange gehabt.
In Bayern und Baden-Württemberg wurden nach Bekanntwerden der ersten Infektion eines Säugetiers mit dem H5N1-Virus die Vorsorgemaßnahmen verschärft. In den Sperrbezirken müssen Katzen im Haus bleiben und Hunde angeleint werden, in den Beobachtungsgebieten wird es empfohlen. Bis gestern hatten Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Vogelgrippefälle gemeldet. Als neunter Staat der EU hat Schweden die Tierkrankheit festgestellt.
Die Ausbreitung der Tierseuche ist nach Angaben von Vogelkundlern noch immer rätselhaft. »Ich habe den Eindruck, das Virus schlummert schon an verschiedenen Stellen und bricht unter Bedingungen aus, die wir noch nicht ganz durchschauen«, sagte der Leiter des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell am Bodensee, Wolfgang Fiedler.
Das Vogelgrippevirus hat sich nach Angaben des Direktors des Instituts für Tierseuchen an der Freien Universität Berlin, Professor Lothar Wieler, in der Vergangenheit mehrfach verändert. »Bislang sind in den letzten Jahren drei Mutationen gefunden worden. Es ist zurzeit nicht davon auszugehen, dass das Virus, das in der Vogelpopulation ist, eine größere Gefahr für den Menschen oder für andere Tiere darstellen würde, als wir bisher meinen«, betonte er.
RKI-Präsident Kurth hält die Maßnahmen im Kampf gegen die Vogelgrippe für ausreichend. Auch er empfahl, Katzen in Sperrgebieten im Haus zu halten und Hunde an der Leine zu führen. Kurth warnte vor Panik mit Blick auf eine mögliche weltweite Grippe-Epidemie bei Menschen. »Wir sind besser vorbereitet als jemals zuvor.« Eine Infektionskette unter Menschen gab es bisher nicht.
Der Deutsche Tierschutzbund hat gestern die Ankündigung des Landwirtschaftsministers von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), Katzen und möglicherweise auch Hunde zum Abschuss freizugeben, scharf kritisiert. Backhaus erläuterte gestern jedoch, in seinem Bundesland werde es keine gezielte Jagd auf streunende Katzen geben.

Artikel vom 02.03.2006