15.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Vogts ganz deprimiert


Es ist der 11. Juli 1994. Im Quartier der deutschen Nationalauswahl sitzt ein Mann einsam an einem runden Tisch. Den Kopf hält Berti Vogts gesenkt, er trägt ein weißes Hemd, aber am Abend zuvor waren schwarze Wolken aufgezogen über der deutschen Mannschaft.
Die bulgarischen »Bösewichte« Stoitchkov und Letchkov haben mit ihren Toren die DFB-Elf innerhalb von vier Minuten aus dem WM-Turnier befördert. 1:2 im Viertelfinale im Giant Stadium vor den Toren von New York. Gigantisch ist das natürlich nicht gewesen.
Von jenen, die auf dem Platz ausschieden, taucht am Tag danach niemand mehr auf. Die Spieler zerstreuen sich in alle Winde. Nur Vogts tritt noch einmal an. Der Bundestrainer kommt allein, wirkt niedergeschlagen und deprimiert. Wie ihm bei diesem Turnier teilweise mitgespielt wurde, ist in seinem Gesicht abzulesen. Es tut weh und einen kleinen Kreis lässt er wissen: »Ich könnte über Wasser gehen, und dann würde es noch heißen, seht her, der Vogts kann ja nicht einmal schwimmen.«
Dieser Morgen nimmt alle mit, die ihn erleben. Dass der umstrittene Vogts sich in ein paar Tagen zum Weitermachen entscheidet, zeichnet sich jetzt noch nicht ab. Er sagt, dass er erst einmal in Urlaub will. Das Reiseziel zum Gedankensortieren heißt Florida. Noch einmal nippt er an seinem Wasser, dann steht er auf und geht.Friedrich-Wilhelm Kröger

Artikel vom 15.03.2006