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Reger Wettbewerb bringt redaktionelle Qualität


Von Axel Horstmann, Vorsitzender der SPD-Region Ostwestfalen-Lippe
Namens der Sozialdemokraten in Ostwestfalen-Lippe gratuliere ich der Leitung und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Redaktion und Verlag des WESTFALEN-BLATTES herzlich zum 60. Jubiläum ihrer Zeitung.
Wir wissen einzuschätzen, dass es nicht ganz einfach war, sich in diesen Jahrzehnten auf einem Medienmarkt zu behaupten, der turbulente Veränderungen durchgemacht hat und gerade für regionale Tageszeitungen neben vielen guten auch etliche schwere Jahre bereit hielt.
Ich zolle allen großen Respekt, die dazu beigetragen haben, das WESTFALEN-BLATT als eine interessante und informative Stimme in der Presselandschaft Ostwestfalens zu sichern.
Dass zwischen der Sozialdemokratie und einer Zeitung, die sich bis heute mit dem Attribut »bürgerlich« charakterisiert, auch bei intensivem Quellenstudium keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu entdecken wären, soll auch bei diesem feierlichen Anlass nicht verschwiegen werden. Gleichwohl waren und sind die Kontakte zahlreich und viele eng. Man denke nur an die Hunderte kommunalpolitisch Aktiver meiner Partei, die beinahe täglich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Lokalredaktionen begegnen. Weil ich es auf der regionalen Ebene, aber auch vor Ort in meinem Wahlkreis so empfinde, bin ich sicher:
Es gibt Tausende guter Gespräche, die bewusst und gern geführt werden, auch dann, wenn sie nicht von Übereinstimmung geprägt sind. Pressefreiheit ist eine der tragenden Säulen unserer Demokratie. Pressefreiheit ist aber nur dann praktisch erfahrbar, wenn es Meinungsvielfalt gibt. Wir in Ostwestfalen-Lippe dürfen uns glücklich schätzen, in den meisten Städten und Gemeinden zwischen zwei oder gar drei Zeitungen mit eigenen Lokalausgaben wählen zu können (oder, wie ich es gerne tue, gleich alle zu lesen). Das ist längst nicht mehr selbstverständlich, man schaue nur ins benachbarte Münsterland. Es ist aber auch gut, dass unsere Zeitungen aus verschiedenen Verlagshäusern kommen.
Wer gelegentlich etwa die Regionalzeitungen des Ruhrgebiets in der Hand hält, weiß, dass wirtschaftlicher Wettbewerb sehr zu redaktioneller Qualität beiträgt.
Die Politik hat eine große Mitverantwortung für Zeitungsvielfalt, gerade dann, wenn starke wirtschaftliche Interessen in eine andere Richtung drängen. Mit Sicherheit hätten sich die Konzentrationstendenzen in der Presselandschaft noch weit stärker durchgesetzt, wenn nicht der Staat mit dem Kartellrecht dagegen gehalten hätte. Gewiss muss man bedenken, dass Zeitungen nicht nur untereinander im Wettbewerb stehen, sondern seit langem immer mehr mit anderen Medien. Die Werbebudgets der Wirtschaft sind nicht unbegrenzt, und nirgendwo steht geschrieben, dass ein bestimmter Teil davon dem Anzeigengeschäft zugute kommen muss.
Dennoch, eine Tageszeitung verkauft sich nur als Tageszeitung, mit ihrer Ausführlichkeit, ihrer Hintergründigkeit, ihrem Ortsbezug, all dem, was sie Fernsehen und Radio eben voraus hat. Viel davon ginge verloren, wenn nicht verschiedene Zeitungen aus verschiedenen Verlagen um die Leser kämpfen müssten.
Auf die Leser kommt es an! Wohl nichts könnte unsere Zeitungslandschaft so untergraben wie ein Generationswechsel, bei dem die morgendliche Regionalzeitung ihren Platz am Frühstückstisch verlöre. Diese Tendenz gibt es leider. Wir müssen gemeinsam dagegen angehen.
Politik und Presse sind hier in einem Boot. Junge Menschen für Politik zu interessieren, heißt, sie auch als Zeitungsleser zu gewinnen - und umgekehrt. Ob Zeitung in der Schule oder Schülerzeitung, es gibt viele Chancen, Jugendliche für die Zeitung zu interessieren. Dem WESTFALEN-BLATT wünsche ich viel Erfolg bei dem Bestreben, sich in Medienkonkurrenz und Werbekrisen auch künftig zu behaupten. Es gehört zur Meinungsvielfalt und zu Ostwestfalen. Das eine wie das andere liegt mir sehr am Herzen.

Artikel vom 15.03.2006