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Neuer Befund der Hirnforschung 2006

»Die Gefühle des Menschen sind oft klüger als seine Vernunft.«

Leitartikel
Doppelverdiener-»Familie«

Was hier
läuft, ist
ziemlich klar


Von Rolf Dressler
Um das Erfinden aller möglichen und unmöglichen flapsigen Sprüche waren namentlich auch grüne Weiblein und Männlein nie verlegen. Denn das verheißt bekanntlich Aufmerksamkeit.
»Rinder statt Kinder«, spöttelten daher unlängst NRW-Landtags-Grüne, um Finanzkürzungspläne der Regierung des CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers speziell bei der Kinder- und ÊJu- gendförderung zu karikieren, weil stattdessen die »böse« Agrarlobby, sprich: die Landwirtschaft, abermals ungeschoren bleibe.
Nun gut, diese RetourkutscheÊ auf Rüttgers' legendäre »Kinder-statt-Inder«-Kampagne wollten sich die Bündnis-Grünen offenbar gönnen. Doch was die Bundespartei - in Berlin wie in Düsseldorf auf die Oppositionsbänke verwiesen und mithin noch lebhaft auf Ziel- und Sinnsuche - kurz darauf aus dem Hut gezaubert hat, lässt sich kaum als schrullige Wichtigtuerei abtun.
Denn so scheinbar unverfänglich das Programmpapier mit dem Titel »Leben und arbeiten mit Kindern« daherkommt, so wenig trägt die gedrechselteÊ Beteuerung der Grünen, dass Politik grundsätzlich »einen am Kindeswohl orientierten Ansatz verfolgen« (?!) müsse. »Ach, was!« würde Loriot da ausrufen.
Und kaum weniger verquast wirkt die Grünen-Forderung, ins Grundgesetz müssten nun endlichÊ diverse Kinderrechte aufgenommen werden, »indem der Kindeswohlgedanke dem Elternrecht gleichgewichtig gegenübergestellt wird«. Hinter dieser Begriffsakrobatik verbirgt sich immergrüne Alt-Ideologie.
Viele linksalternative Vordenker träumen noch immer den Urtraum von einem anderen, irgendwie neuen Menschen.ÊKurz und trocken erklären sie »das Konzept (?!) der Alleinverdiener-EheÊ ... familienpolitisch, sozialpolitisch, kinderpolitisch und demographiepolitisch« in Bausch und Bogen für gescheitert und preisen stattdessen »das Ideal der Doppelverdienerfamilie« als angeblich einzig zukunftsträchtig an.
Was für eine Anmaßung und Herablassung. Von welch einem Menschenverständnis werden Leute umgetrieben, die Generationen von Eltern und Kindern als angeblich schmählich gescheiterte Existenzen hinstellen? Entscheiden sich nicht gerade diese Väter und Mütter besonders bewusst dafür, dass ein Elternteil die Kinder daheim betreut und großzieht, während der berufstätige Partner für den Broterwerb sorgt? Und das sogar selbst dann, wenn sie damit im Vergleich mit (kinderlosen) Doppelverdienern materiell erheblich im Nachteil sind.
So manche Grüne wittern also abermals die Chance, ihre Lieblings-Ideologien und Utopien der Gesellschaftsveränderung doch noch zu verwirklichen. Deshalb beschließen sie für sich, dass »die Förderung des Zuhausebleibens« sich Êangeblich eher deutlich negativ auf die Entwicklung solcher Kinder auswirke. Ihnen mangele es meist schon bei der ÊEinschulung an Sprachkenntnissen und Ausdrucksvermögen. Vor allem aber wiesen solche Kinder, eben gerade deshalb, weil sie iin ihrem Elternhaus großgezogen würden (!), angeblich beträchtliche »motorische und soziale Defizite« auf.
Was hier gespielt wird? Die klassische Familie soll abdanken.

Artikel vom 02.03.2006